Wohnen im Wadi
Entdecken Sie die Nachbar-Emirate.
12. Januar 2021
Es muss nicht immer Dubai sein. Die unbekannteren Nachbar-Emirate haben nicht nur klingende Namen, sondern mittlerweile auch jede Menge Luxus und Abenteuer zu bieten. Ein persönlicher Bericht.
Wir lassen die glitzernden Wolkenkratzer von Dubai hinter uns. Aber auch die ewigen Verkehrsstaus, die in diesem überlaufenen Emirat zum Alltag gehören. In den letzten Jahren haben Reisende entdeckt, dass es neben Dubai und Abu Dhabi auch andere Destinationen auf der Arabischen Halbinsel gibt.Schließlich bestehen die Vereinigten Arabischen Emirate, kurz VAE, aus insgesamt sieben Regionen, die natürlich allein aufgrund der Landschaft und Kultur eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Aber letztendlich ist jedes Emirat ein wenig anders. Namen wie Schardscha oder Ras Al Kaimah klingen bereits nach 1001 Nacht, nach Orient, wie man ihn sich wünscht. Und zu bereisen sind sie auch einfach, weil das Straßennetz gut ausgebaut ist.
Aber wo fängt Schardscha eigentlich an? Nur knapp 15 Minuten ist es her, dass wir Dubai verlassen haben. Unser Fahrer lächelt und zeigt auf eine unscheinbare Brücke, unter der wir durchfahren: „Man merkt es kaum, aber hier beginnt ein neues Emirat.“ Zuerst fällt einem der Unterschied gar nicht auf, aber dann wird das Tempo gemächlicher, die Straßen sind enger, man sieht mehr kleine Läden anstatt der typischen riesigen Malls, die bisher im Stadtbild dominierten. Menschen flanieren auf den Straßen, das Auto ist nicht das alleinige Verkehrsmittel wie im hektischen Dubai. Es gibt eine Markthalle, durch die man gemütlich schlendern kann, der Fischmarkt ist am Morgen quirlig, wenn die frische Ware direkt von den Booten angeliefert wird. Die hölzernen Schiffe werden Dhaus genannt, sie segeln seit Jahrhunderten im Golf und nutzen den Wind. Keine Frage, Schardscha hat Flair. Man fühlt sich in die Vergangenheit versetzt. Statt Glitzer und Hochhäuser wird die Tradition gepflegt. Schardscha gilt als das konservativste Emirat, so gibt es auch für Ausländer ein strenges Alkoholverbot. Man kann es auch so sehen: Detox ist garantiert!
Pulsierendes Leben, traditioneller Stil
Das Emirat möchte sich bewusst von Dubai abgrenzen, der regierende Scheich setzt auf Kultur und Tradition. Es gibt jährlich eine Buchmesse, zahlreiche Museen, eine Biennale mit zeitgenössischer Kunst – und nicht zuletzt zwei Universitäten. Schließlich ist Bildung ein zentrales Gut, um ein Land fit für die Zukunft zu machen. Schardscha versucht, auch architektonisch einen einheitlichen, traditionellen Stil herzustellen. Nicht sonderlich geglückte moderne Gebäude werden abgerissen und durch historische Nachbildungen ersetzt. An europäischen Maßstäben darf man diesen freien Zugang zur Tradition freilich nicht messen: Vieles, was in den Emiraten alt aussieht, ist gerade erst entstanden. Trotzdem funktioniert das oft erstaunlich gut, wie man im 2018 eröffneten Luxushotel „The Chedi Al Bait“ (übersetzt: Das Heim) erleben kann. Wie eine kleine Medina mit schmalen, schattigen Gassen wirkt die Anlage, die über 10.000 Quadratmeter groß ist. Das Hotel wurde um vier bestehende historische Häuser errichtet, eines davon war der Wohnsitz eines Perlenhändlers. Wie eine Oase liegt das Hotel in der pulsierenden Stadt. Direkt beim Hotel ist ein kleiner Basar, in der Nähe finden sich zahlreiche Restaurants. Und trotzdem ist es angenehm ruhig und beschaulich.
Wer das „The Chedi Muscat“ im Oman kennt und liebt – eines der elegantesten Hotels in der ganzen Region –, dem wird auch das Schwesternhotel „The Chedi Al Bait“ gefallen. Die Architektur spiegelt die lokale Kultur wider, Materialien wie Stein sorgen für Kühlung in der Hitze, Holz für Gemütlichkeit, die Innenhöfe und Dachterrassen für arabisches Feeling. Der hochwertigen Einrichtung gelingt der Spagat zwischen traditionell und modern sehr gut.
Superman-Pose
Schardscha ist von der Bevölkerungszahl das drittgrößte Emirat und eignet sich ideal als Ausgangspunkt für Ausflüge, es grenzt an alle sechs anderen Emirate an – und an das Sultanat Oman, das immer eine Reise wert ist. Aber beginnen wir im Norden: Ras Al Kaimah punktet mit schroffen Bergen und der längsten Zipline der Welt, die einen in Superman-Pose über die kahlen Berge fliegen lässt – mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometern pro Stunde. Das ist Adrenalin pur. Wer es ruhiger angehen möchte: 64 Kilometer ist der Strand lang, Mangrovenwälder können mit Kajaks erkundet werden. Man ist umgeben von Vogelgezwitscher, sogar Flamingos tummeln sich hier. Im Unterschied zu den anderen Emiraten verfügt Ras über eine üppige Vegetation, die man in dieser von Wüsten dominierten Region nicht vermuten würde.
Luxus ist auch garantiert mit dem „The Ritz-Carlton Ras Al Kaimah, Al Wadi Desert“, das im Naturschutzgebiet liegt. Wadi nennt man ein Tal oder einen Flusslauf, der sich nach Regenfällen mit Wasser füllt. Die Wadis gehören zu den schönsten und überraschendsten Naturerlebnissen der Welt. Man fährt mit dem Auto durch kahle Stein- oder Wüstengegenden oder man wandert dorthin, bis man in einer üppig blühenden, grün wuchernden Landschaft steht. An heißen Tagen ist ein Bad im Wasser herrlich erfrischend. Aber auch die ausgetrockneten Wadis sind beeindruckend: Man sieht, mit welcher Kraft das Wasser Flussläufe und Täler gerissen hat und mit welcher Ausdauer Pflanzen darauf warten, dass es endlich wieder regnet.
Fata Morgana
Im „The Ritz-Carlton Ras Al Kaimah, Al Wadi Desert“ sind die Wüstenvillen im Beduinenstil gehalten. Jede Villa verfügt über einen eigenen Pool, von dem aus man den dramatischen Sonnen- untergang möglichst entspannt genießen kann. Aus der Ent- fernung sieht die Lehmziegelarchitektur der Anlage wie eine Fata Morgana aus. Falkenvorführungen und Kamelreiten werden natürlich auch angeboten. Man kann aber auch einfach entspannt im Pool chillen und die frei laufenden Gazellen am Wasserloch beobachten. Falken, Bussarde und sogar Adler ziehen ihre Runden am Himmel. Hier in der Wüste vergisst man die Zeit, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sind die einzigen Konstanten. Urlaub mit Tiefenentspannung ist garantiert.
Mondartige Landschaft
Auch das Emirat Fudschaira, an der Ostküste gelegen, lockt mit grünen Wadis und dem zerklüfteten Hajar-Gebirge. Oder kilometerlangen Stränden, wie Khor Fakkan, von wo aus man zu Korallenriffen tauchen kann. Das wahre Highlight aber ist die mondartige Landschaft mit ihren rostroten, gezackten Bergen, die man auch vom Strand aus sehen kann. Das Emirat verfügt zudem über die älteste Moschee, die vermutlich aus dem 15. Jahrhundert stammt.
Bestaunen Sie die atemberaubende Natur inmitten der Wadis
Und was bietet Umm al-Qaiwain, das zweitkleinste Emirat mit dem klingendsten Namen? Dattelpalmen reihen sich an Dattelpalmen, sie sind eine zentrale Einnahmequelle. Viele Touristen durchqueren dieses Emirat, ohne anzuhalten. Dabei ist der lange, unberührte Sandstrand ein Geheimtipp für Abenteurer. Man mag zwar die Infrastruktur vermissen, aber nirgends ist es beschaulicher. Man sieht die Fischerboote, wird von freundlichen Einheimischen gegrüßt, die ein Picknick mit der Familie machen. Und auch die Sonnenuntergänge sind spektakulär.
Am nächsten Morgen geht es zurück zum Flughafen nach Dubai. Unser Fahrer fragt, wie es uns gefallen hat. Wir haben das Gefühl, mindestens drei verschiedene Urlaube gemacht zu haben: Wolkenkratzer und unberührte Natur, Luxushotels und einfache Strände, innovative Zukunftsutopien und die Suche nach der eigenen Traditionen. Wo sollen wir anfangen? Schließlich dauert die Fahrt zum Flughafen gerade mal eine Stunde. Wir lächeln zufrieden. Wahrscheinlich nicht die schlechteste Art, um von den unbekannten Emiraten zu berichten.
Picture Credits: Getty Images, Max Poriechkin/The Ritz-Carlton Ras Al Khaimah, Pascal Reynaud, Martin Sasse / laif / picturedesk.com, mauritius images / Alamy / Aleksandar Tomic, Rhiannon Taylor, mauritius images / Alamy / Khristine Sumo