Warum Arizona die nächste Trenddestination in den USA ist
Kaum ein US-Bundesstaat ist vielfältiger als der „Grand Canyon State“ Arizona
18. Mai 2023
Bäume und Wälder im Norden, Kakteen und Wüste im Süden. Dazwischen: Canyons, Kojoten und Kolibris, verlassene Gegenden und quirlige Metropolen – und über allem schwebt das verlockende Versprechen eines Abenteuers.
Imposantes Arizona
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Die Wüste − sie verändert einen, heißt es. Und tatsächlich: Wenn der Blick über die Weite der teilweise so kargen Landschaft Arizonas schweift und nur von majestätisch emporragenden Saguaro-Kakteen oder in der untergehenden Sonne rot glühenden Felsen aufgehalten wird, verwandelt sich etwas in einem. Der Alltag ist plötzlich weit weg, Probleme werden klein, Demut breitet sich aus – und unbändige Lust, die ganze Vielfalt dieses wunderbaren US-Bundesstaats zu entdecken.
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Zu sehen gibt es wahrlich genug. Die Fläche des „Grand Canyon State“ umfasst knapp 300.000 Quadratkilometer, rund 7,3 Millionen Menschen leben hier. Sie haben die Wahl zwischen Klimazonen und Vegetationen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Im Norden überwiegen Wälder, die Temperaturen erreichen auch im Hochsommer kaum mehr als 26 Grad Celsius; im Herzen des Bundesstaats, rund um die Hauptstadt Phoenix, sind im Juli und August mehr als 40 Grad hingegen keine Seltenheit. Im Süden wiederum bestimmt die Sonora-Wüste die Landschaft: Zwischen Mai und September ist es heiß, den Rest des Jahres ziemlich warm.
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Arizona ist verwöhnt von Vielfalt, Sonne und blauem Himmel. Das macht auch etwas mit den Menschen: Sie sind offen und abenteuerlustig. Bei einem Zwischenstopp in der Nähe von Sierra Vista an der Grenze zu Mexiko kann man Cowboys wie Geronimo „Jerry“ Arciniega antreffen. Der pensionierte Mechaniker schraubt an seinem Truck, hält kurz inne und zieht etwas aus seiner Tasche. Zwei gräuliche Dinge liegen auf seiner Handfläche. „Das sind Rasseln von Klapperschlangen, die ich selbst gefangen habe “, erzählt er. Sein Gesicht ist wettergegerbt, Jerry trägt Cowboyhut und -boots. Das machen hier die meisten; selbst jene, die sich für motorisierte Pferdestärken entschieden haben. Der Wilde Westen ist hier kein Klischee, das für Touristen am Leben erhalten wird, er ist eine Lebenseinstellung. Die Stiefel sind keine Mode, sondern ein Statement.
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Architektur im Zentrum
Wer Arizona von seiner schönsten Seite erleben will, tut gut daran, ein Auto zu mieten – und sich Zeit zu nehmen. Am besten beginnt man seinen Roadtrip in Phoenix. Hier kann man sich akklimatisieren und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Region bewundern. Eine davon ist Taliesin West, Unesco-Welterbestätte und jener Ort, an dem der visionäre Architekt Frank Lloyd Wright jahrzehntelang seine Winter verbrachte und arbeitete. Während man durch das Anwesen streift, erfährt man nicht nur alles über Wrights architektonische Vision, sondern wünscht sich fast, selbst in einem seiner „Prairie-Style-Häuser“ zu wohnen. Apropos Prärie: Im Museum of the West in Scottsdale tauchen Besucher tief in die faszinierende Geschichte Arizonas ein und haben ein paar Straßen weiter im ältesten Teil der Stadt die Möglichkeit, Boots, Kunstwerke und Köstlichkeiten aus örtlichen Manufakturen zu erwerben.
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Die große Schlucht im Norden
Wer Arizona bereist, darf die ikonischste aller Schluchten, den Grand Canyon, natürlich nicht verpassen. Auf dem Weg in den Norden lohnt es sich, hin und wieder einen Zwischenstopp einzulegen, etwa in Jerome, wo man durch eine Geisterstadt schlendern kann, oder in Sedona, das einst als Kulisse für Westernfilme diente und bis heute nichts von seinem Zauber längst vergangener Tage verloren hat. Zahlreiche Wanderrouten halten immer wieder atemberaubende Foto motive zwischen den roten Felsen bereit. In Flagstaff wiederum lohnt sich der Besuch des Observatoriums, und in Williams kauft man nicht nur authentische Cowboyboots, sondern besteigt auch einen Zug, der einen – inklusive fingiertem Überfall durch berittene Banditen – bis zum Grand Canyon bringt. Wenn man dann an dessen Rand steht, Kondore lautlaus über einen hinwegsegeln und der Blick fast endlos in die Tiefe fällt, ist es wieder da, das Gefühl absoluter Freiheit.
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Ab in den wilden Westen
Freiheit ist auch ein Konzept, das man mit der Route 66, ihres Zeichens die legendärste Straße der Welt, verbindet. Von den ursprünglichen 3945 Kilometern, die sich ab 1926 von Chicago in Illinois bis nach Santa Monica in Kalifornien erstreckten, sind heute nur noch Teile übrig geblieben; diese sind nicht mehr durchgehend befahrbar. Einige der schönsten Abschnitte ziehen aber noch immer viele Nostalgiker an, sie befinden sich westlich von Flagstaff zwischen den Orten Seligman und Kingman. Ersterer gilt als „Geburtsort der historischen Route 66“, während sich Letzterer als „Route66-Hauptstadt“ bezeichnet. Kurz nach Kingman liegt Oatman, die einstige Goldgräberstadt zählt heute nur noch 102 Einwohner. Kaum verschwindet sie im Rückspiegel, fühlt man sich, als hätte man eine Zeitreise unternommen, und das nicht nur deshalb, weil man in Needles die Mountain Standard Time hinter sich lässt und in die Pacific Time wechselt.
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Überhaupt ist Zeit in Arizona ein recht dynamisches Konstrukt, denn während man in den größeren Städten gesunde Bowls löffelt, zum Yogakurs geht oder in einer der zahlreichen neuen Mikrobrauereien Craftbeer verkostet, reicht es manchmal aus, die Straßenseite zu wechseln, ein Museum zu betreten oder eine kurze Autofahrt zu unternehmen, und schon fühlt man sich zurückversetzt in längst vergangene Tage – in eine Zeit, in der Wyatt Earp und Doc Holliday im Saloon pokerten, sich Musik aus Honkytonks auf die staubigen Straßen ergoss und Reisen noch gleichbedeutend mit Abenteuer war.
Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Frühling 2023.