Trend Watch Waldbaden: Das steckt hinter dem japanischen Shinrin-Yoku
Das Eintauchen in den Wald erfreut sich in Japan seit Jahren großer Beliebtheit, „Shinrin-Yoku“ gilt dort sogar offiziell als Therapieform. Nun findet das Waldbaden auch bei uns Eingang in den Wellnessbereich.
27. August 2022
Bereits in den guten alten 1980er Jahren fanden sich die Menschen in Japan in den Wäldern ein, um einem ganz bestimmten Gesundheitskonzept nachzugehen: dem Waldbaden. Shinrin-Yoku, was zu Deutsch so viel wie „eintauchen in den Wald“ bedeutet, wurde vor rund vierzig Jahren kreiert. Von Baumumarmungen bis hin zu Spaziergängen – sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit sollen von der Kraft der Bäume profitieren.
Von Japan in die Welt: Das bewusste Waldbaden in Form des Shinrin-Yoku erobert die Welt. © Carmen Marxuach
Die Entwicklung der Waldbäder
Ein Blick auf Metropolen wie Tokyo oder Fukuoka reicht, um zu verstehen, wie es bereits in den 1980ern in Japan zu einem Trend kommen konnte, der erst seit ein paar Jahren Einzug in westliche Wellnesskonzepte findet. Schon damals stellten dort Lärm- und Lichtverschmutzung durch ständigen Verkehr, durchgehende Beleuchtungen und unglaublicher Leistungsdruck in der Arbeit eine Belastung auf die Gesundheit dar. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, erarbeitete die Regierung das Konzept Shinrin-Yoku, das schon bald die Grenzen überschritt und als anerkannte Heilmethode international von sich hören machte.
Eintauchen leicht gemacht
Mittlerweile gibt es auch in Europa zahlreiche Hotels, die zu geführten Waldbädern laden, etwa die beiden Fünf-Sterne-Hotels Der Steirerhof in Bad Waltersdorf oder das Waldklause Naturhotel in Österreich oder das MIRAMONTI Boutique Hotel in Südtirol, Italien.
Wirkung: Wie uns der Wald heilen kann
Seit vierzig Jahren sorgt Shinrin-Yoku in Japan bereits für eine verbesserte Gesundheit der Bevölkerung. Mit den Jahrzehnten konnte sich der „Gesundheitstrend“ im Land der aufgehenden Sonne zur anerkannten Therapieform mausern. Das ist vor allem wissenschaftlichen Studien, die sich mit der Auswirkung von Shinrin-Yoku auf den Körper und Geist beschäftig(t)en zu verdanken. Das Forest Bathing Institute versammelt hier die wichtigsten Forschungen der letzten Jahre und Jahrzehnte zum Thema Shinrin-Yoku. Viele davon basieren auf den Erkenntnissen von Dr. Qing Li, der sich mit seinem Team an der Nippon Medical School jahrzehntelang mit dieser Form der Therapie beschäftigte.
Er fand unter anderem heraus, dass die Hälfte der gesundheitsfördernden Wirkungen des Waldes auf der besonderen Luft basiert. Denn: Die vielen Bäume sorgen für einen höheren Sauerstoffgehalt und stoßen zahlreiche heilsame Chemikalien aus. Durch sie kann etwa ein im Wald verbrachter Tag die sogenannten „Natural Killer Cells“ im Blut um bis zu 40 % steigern. Sie sind dafür verantwortlich, abnormale Zellen, wie Tumorzellen und virusbefallene Zellen, abzutöten.
Waldbaden …
- … senkt Bluthochdruck und reguliert die Blutzuckerwerte
- … wirkt förderlich auf unser Immunsystem
- … senkt das Cortisollevel und wirkt somit stressreduzierend.
- … fördert die Konzentration
- … fördert die Bildung von Killerzellen
- … unterstützt die physische und psychische Regeneration
- … kann die Schlafqualität verbessern
Mehr als nur spazieren
Wer denkt, bei Shinrin-Yoku ginge es alleine darum, einen flotten Spaziergang zwischen die Bäume im Hinterhof zu wagen, der irrt. Zu den klassischen Spaziergängen (bitte langsam und achtsam!) gesellen sich etwa das bewusste Umarmen der Waldgiganten und spezielle Körper-, Atem- und Achtsamkeitsübungen. Wer also eine kleine Gruppe Menschen dabei beobachtet, wie sie zwischen Tannen stehend Yoga-ähnliche Posen einnehmen, kann damit rechnen, dass diese gerade in den Wald eintauchen.
Lesetipp
„Shinrin Yoku: Heilsames Waldbaden. Die japanische Therapie für innere Ruhe, erholsamen Schlaf und ein starkes Immunsystem“, Yoshifumi Miyazaki (2018)
Universitätsprofessor und Forscher Yoshifumi Miyazaki ist einer der führenden Experten im Bereich des Shinrin-Yoku. Das Sachbuch gewährt einen näheren Einblick in die Waldtherapieforschung und stellt einfache Übungen und Tipps für das Baden zuhause vor.