Trend Watch Sleep Tourism: Warum immer mehr Menschen verreisen, um zu schlafen
Mehr (als) Schlaf: In Form des Sleep Tourismus erlangt kuratiertes Schlummern in Hotels, Resorts & Co. immer mehr Bedeutung.
11. November 2022
219.000 Stunden oder: ein Drittel unseres Lebens. So viel Zeit verbringt der Mensch schlafend. Es sollte daher kaum verwundern, dass sich seit einiger Zeit auch der Tourismussektor immer mehr den nächtlichen Stunden widmet: Der Fokus des Schlaftourismus, oder Sleep Tourism, liegt dabei nicht mehr auf den üblichen Urlaubstätigkeiten wie Sightseeing oder Spa-Aufenthalten, sondern auf Erholung.
Immer mehr Hotels bieten besondere Pakete an, um ihren Gästen eine angenehme Nachtruhe zu ermöglichen. © Belmond
Das Ziel luxuriöser Sleep Retreats ist es, die Schlafqualität ihrer Gäste zu verbessern. Mit lärmgeschützten Hotelzimmern, beruhigenden Düften, besonderen Betten, Kissen und Stoffen soll der Anreisende tiefenentspannt werden. Aber warum ist der Trend gerade in den letzten beiden Jahren immer größer geworden? Und welche renommierten Hotels bieten bereits Sleep Retreats an?
Wie der Schlaf zum Trend geworden ist
Die Qualität unseres Schlafes scheint Jahr für Jahr zu sinken. Verantwortlich dafür ist zum einen das digitale Zeitalter. Faktoren wie Dauerstress, Lärm- und Lichtbelästigung oder eine ungesunde Lebensführung bedingen nächtliche Unruhen. Aber auch die Pandemie hat in den letzten Jahren vermehrt dafür gesorgt, dass das psychische Wohlbefinden vieler Menschen gesunken ist. Und somit auch die Schlafqualität, wie eine Studie des Journal of Clinical Sleep Medicine belegt.
Schlafprobleme gehören für viele Menschen zum Alltag – daran wollen Sleep Retreats etwas ändern. © Shutterstock
Der Abwärtstrend scheint dabei ein weltweites Phänomen zu sein: In Deutschland bewerten ganze 25 % ihre Schlafqualität als schlecht bis sehr schlecht, so die Statista. Laut einer Studie der Med Uni Wien leiden in Österreich ganze acht Prozent an krankhafter Schlaflosigkeit. Und in den USA beklagen sich 36 % über unausgeruhte Nächte. Und bei eben diesem Problem setzt der Trend des Sleep Tourism an.
Schlaf im Hotel: Ein neuer Ansatz?
Bereits seit einigen Jahren, vor allem seit Ende 2020, häufen sich schlafbezogene Angebote oder Urlaubspakete in Hotels und Resorts. Ziel des Sleep Tourism ist es, Schlaflosigkeit oder -mangel zu reduzieren. Die Qualität und Muster der nächtlich verbrachten Stunden sollen innerhalb weniger Tage oder, im Zuge eines Retreats, Wochen verbessert werden.
Im Six Senses Ibiza lädt man Gäste zum Schlafen ein – für das Gelingen sorgt der eigens dafür abgestellte Sleep Doctor. © Six Senses
Unter den Adressen, die spezielle Schlaf-Retreats anbieten, ist etwa das Women-only-Hotel Figueroa mit seiner „Rest & Recovery Suite“, in der ein Pluto Pillow sich Körper und Schlaf anpasst und die Matratze Eight Sleep Muster und Temperaturen misst. Im Six Senses auf Ibiza wird den rastlosen Reisenden im Zuge des Wellness-Schlafprogramms ein Sleep Doctor zur Seite gestellt. Und Hästens, die Bettenmarke, hat im portugiesischen Coimbra gar ein eigenes Sleep Spa Hotel eröffnet.
Mehr dazu: Ein Hotelerlebnis rund ums Schlafen
Rosewood baut auf Sleep Tourism
Der Trend ist auch an Luxusketten wie Rosewood nicht vorübergegangen: Erst 2022 hat die Hotelkette ihr holistisches Retreat „Alchemy of Sleep“ ins Leben gerufen. Das Programm umfasst zahlreiche Aktivitäten, Achtsamkeitsübungen und Behandlungen, die Ruhe und Schlaf fördern sollen. Dazu gesellt sich ein eigenes Ernährungskonzept und die Verwendung schlafinduzierender Produkte. So finden Gäste ihre Zimmer erfüllt vom Wohlgeruch durch Öldiffusoren, auf den Betten warten Augenmasken aus Seide und der Fernseher hält Meditations-Apps bereit.
Die Alchemie des Schlafes wird in den Rosewood Hotels zelebriert – das Ergebnis ist wunderbar ermüdend. © Rosewood Hotels & Resorts
Die Dauer des Retreats variiert: angefangen bei einer Nacht im Zuge des „Dreamscape“ bis hin zur fünf Nächte andauernden „Sleep Transformation“. Die Schlafretreats werden unter anderem im Rosewood London, im Hôtel de Crillon oder im Rosewood Sand Hill angeboten.
Eine Nacht im KI-Bett
Interessant wird es im Park Hyatt New York: Hier lädt man Gäste in die One Bedroom Sleep Suite by Bryte, wo das durch künstliche Intelligenz gesteuerte „The Restorative Bed™“ von Bryte zur besseren Nachtruhe verhelfen soll. Ob Jetlag oder Insomnia: Die KI sorgt für eine dynamische Anpassung der Druckpunkte und des Klimas und kann die eigenen Präferenzen sogar speichern. Und: Auch im Hyatt stellt man einen Diffuser für ätherische Öle, Schlafmasken und Literatur bereit; manche Dinge bewähren sich nunmal.
Sieht aus wie ein normales Bett – wird jedoch von einer KI gesteuert: das Bett in der One Bedroom Sleep Suite by Bryte. © New York Central Park Hyatt
Schlaf auf Abruf
In Londons The Cadogan, einem Hotel der Luxuskette Belmond, gibt es seit Anfang letzten Jahres den „Sleep Concierge“ Service, der Meditationsaufnahmen über die Hotel-App bereitstellt. Darüber hinaus können Gäste aus dem sogenannten „Pillow Menu“ das perfekte Kissen für ihre Bedürfnisse wählen. Ein wohlduftender Kissenspray sorgt mit seiner aromatherapeutischen Wirkung ebenfalls für besseren Schlaf.
Das Belmond Hotel The Cadogan nimmt den Schlaf seiner Gäste sehr ernst. © Belmond
Mehr (als) Schlaf
Wenn im Alltag alles hektischer wird, sucht man im Urlaub nach Entschleunigung: Die Trendwende vom Übermaß an Aktivitäten hin zu mehr Entspannung und Freiraum vollzieht sich bereits seit einigen Jahren und ist, bekanntermaßen, ein Zeichen unserer Zeit. So lässt sich auch das vermehrte Aufkommen der Sleep Retreats erklären: Sie sind eine weitere Antwort des Tourismus auf ein Grundbedürfnis unserer Gesellschaft – gesunden Schlaf.
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