Transformative Retreats: Ins Innere Reisen
Der Weg ist das Ziel: Immer mehr Luxusresorts bieten spirituelle Erfahrungen an, die dem Gast deutlich machen, wie wichtig es ist, mit sich selbst und der Umwelt in Harmonie zu leben. Als Bonus geben sie Sinnsuchenden auch praktische Werkzeuge mit, um zu Hause achtsamer zu sein.
20. Dezember 2023
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Das ist ein glückliches Leben? Für Linda Mariscal, die als Heilerin im mexikanischen Luxusresort „One&Only Mandarina“ arbeitet, ist die Antwort einfach: „Lernen Sie, mehr in der Gegenwart und weniger in der Vergangenheit oder Zukunft zu leben.“ Das klingt einfach, ist aber im Alltag schwer umzusetzen. Zu viel Kleinkram lenkt uns ab, und auch in der Freizeit schaffen wir es kaum, uns zu entspannen. Ein sogenannter transformativer Retreat wird zwar nicht schlagartig alle Probleme lösen, aber er kann uns anspornen, auch zu Hause achtsamer zu sein, mehr auf uns und unsere wahren Wünsche zu hören.
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„In Mexiko sind wir traditionellen Heilmethoden noch näher, wir kennen Pflanzen und Kräuter, die den Körper reinigen und entspannen“, sagt Linda, die als Curandera – eine Art Schamanin – aktiv ist. Sie hilft Menschen bei ihren Heilungsprozessen mit indigenem Wissen, das von ihren Urgroßmüttern weitergegeben wurde. Das können Kakaozeremonien sein, die energetisch aufladen sollen, oder Temazcal-Sitzungen, eine von den Maya inspirierte Form der Wellness. Der Begriff stammt aus dem Aztekischen und bedeutet „Badehaus“. In einer runden Schwitzhütte öffnet der Dampf die Poren und den Geist, es wird gesungen und meditiert. In der Regel dauert eine Sitzung eine Stunde, manchmal können es bis zu drei sein.
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Immer mehr Luxushotels bieten transformative Retreats an. Die Gäste sollen ihr inneres Gleichgewicht wiederfinden – oder lernen, die kreisenden Gedanken im Kopf zum Stillstand zu bringen. Eine schamanische Zeremonie wird eine vielleicht notwendige Therapie zwar nicht ersetzen können, aber sie öffnet zumindest ein Fenster, sich mehr um sich selbst zu kümmern; behutsamer mit sich, seinen Bedürfnissen und seinen Grenzen umzugehen. Inmitten der Natur ist es einfacher, eine Verbindung herzustellen. Man spürt die Kraft der Kräuter, riecht die Bäume, erkennt, wie schützenswert und labil das Gleichgewicht der Welt ist. Bestenfalls erkennt man auch, dass sich nicht alles um einen selbst dreht. Oft ist das schon ein wichtiger Schritt, sich aus seinen Zwängen zu befreien.
Sich dem Unbekannten öffnen
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Mindfulness heißt im Grunde, die kleinen Dinge des Lebens wieder schätzen zu lernen, sich zu öffnen für neue Erfahrungen. In den „Beautiful Nomad“-Retreats wird neben täglicher Bewegung wie Yoga, Pilates oder Tanz auch die Teambildung gefördert, etwa bei gemeinsamen Mahlzeiten oder in Workshops. Eine Verbindung aus holistischen Ritualen und Gemeinschaft gilt in diesem Fall als der Weg zur Heilung.
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Dabei gehen traditionelle Methoden und moderne Medizin oft spannende Fusionen ein. Im thailändischen „Chiva-Som Hua Hin“ etwa gibt es Genomtests – Speichelproben sind die Basis für individuelle Empfehlungen für Ernährung, Bewegung und Lebensstiländerungen. Der Vital Genomic Test identifiziert genetische Varianten, die sich darauf auswirken, wie der Körper Vitamine und Mineralien verarbeitet und wie man auf verschiedene Arten von Bewegung und Umweltfaktoren wie Stress reagiert. Der Longevity Genomic Test wiederum bewertet das Risiko für chronische Krankheiten.
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Ein immenses Angebot an traditionellen Heilmethoden hat auch Bali. Im „Revivo“-Wellnessresort werden diese sowohl auf körperlicher als auch geistiger Ebene gepflegt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Meditation sowie stressabbauenden Bewegungen, damit man ausgeruht, entspannt und mit neuer Energie nach Hause zurückkehrt. Zentral ist, dass dabei alte Gewohnheiten deutlich gemacht und aufgebrochen werden. Man soll Hektik durch Stille ersetzen und mithilfe der Coaches und Therapeuten praktische Techniken lernen, die man auch zu Hause anwenden kann. Besonders Atemtechniken sind dabei sehr hilfreich.
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Man muss aber nicht um den halben Globus jetten, um bei sich selbst anzukommen. Manchmal reicht auch ein ausgedehnter Spaziergang im Wald – so wie im „The Dreaming“-Resort in Wales, in dem man die Wunder der Natur neu entdecken kann, sei es durch das Schwimmen in einem kalten Becken, das Arbeiten mit Holz oder das Geschichtenerzählen am abendlichen Lagerfeuer. Runterkommen kann im Grunde so einfach sein – man muss sich nur dem Unbekannten öffnen.
© Elsa Young
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Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Herbst 2023.