Quiet Luxury: Exklusivität und Understatement
Wellness auf den Malediven, Skiferien in den Alpen oder ein Luxusurlaub im Fünf-Sterne-Hotel? Viel zu gewöhnlich. Die Reise-Elite setzt auf absolute Diskretion, geheime Villen und abgelegene Anwesen, die gar nicht so leicht zu erreichen sind.
9. Februar 2024
Als ästhetische Kategorie macht „Quiet Luxury“ bereits seit Längerem die Runde in der Modewelt: hochwertige Kleidung, die nicht mit Logos protzt, sondern auf Minimalismus achtet. Nur wer die Marken dahinter decodiert, weiß um deren Exklusivität – Loro Piana, Tom Ford; jeder japanische Qualitätsausstatter, der Farbe als Ausrutscher in die Vulgarität verabscheut. Die HBO-Serie „Succession“ hat den leisen Luxus in den Mainstream überführt, oder zumindest den Vorhang vor dem Stilempfinden des „obersten einen Prozents“ ein wenig gelüpft.
© Jason Busch
Nun erreicht der Trend die Reisebranche. Hotels, die bloß nicht bei booking.com auftauchen; Resorts, in denen Wasserhähne aus Gold verpönt und edle Natursteinmauern der Standard sind; Villen, die gar nicht erst auf Webseiten auftauchen und eher über Mundpropaganda ihre Gäste finden. Kein Bling-Bling, viel Substanz – also das Gegenteil von Abu Dhabi.
Gate Lodge © beigestellt
Bereits vor drei Jahrzehnten stießen die Aman-Hotels in diese (damals noch namenlose) Nische vor. Die asiatische Kette setzte auf wenige Häuser, ausgesuchtes Design und viel Platz. Ihr Credo lautet bis heute: keine Werbung, keine Testimonials. Jedem Gast händigt der Zimmerservice nach dem Aufenthalt einen schlichten Namensanhänger für die Taschen aus. Diese imprägnierten Lederschnallen gelten inzwischen als Sammlerobjekte, als Erkennungszeichen für Insider.
Gate Lodge © beigestellt
Nicht jeder soll hinein, nicht jeder darf hinein: Dieses Prinzip machen sich inzwischen mehrere Ziele zunutze. Auf die Karibikinsel Mustique kommt nur, wer vorher von der ansässigen Eigentümergesellschaft durchleuchtet wurde. Für die spektakuläre Privatranch des ehemaligen Puma-Chefs Jochen Zeitz, „Rancho Alegre“ in New Mexico, kommen nur Gruppen infrage, die mindestens sieben Nächte bleiben und sich vorher bei einer bestimmten Buchungsagentur melden. Preise für das Anwesen mit elf Schlafzimmern, Weinkeller und Poolhouse gibt es höchstens auf Anfrage.
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Diskretion gehört genauso zum leisen Luxus wie Verknappung. Deshalb bieten Resorts auch nicht jede Villa aktiv an, die auf dem Gelände versteckt liegt. Von mancher existiert nicht einmal Bildmaterial, beispielsweise von der „Owner’s Villa“ auf Laucala, jener Südseeinsel, die einst Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz gehörte und heute einen Luxushotelkomplex im Nirgendwo beherbergt. Anfragen sind bitte persönlich (oder vom Assistenten) einzureichen.
Tavoro Falls © beigestellt
Auf ein ähnliches Prozedere stößt, wer sich für die sagenumwobene „Villa 11“ des Seychellen-Retreats „North Island“ bewirbt, auf einer Klippe abseits der sowieso schon weitläufigen Anlage; oder für das spektakuläre „Treehouse“ innerhalb des privaten Schutzgebiets der südafrikanischen „Ngala Safari Lodge“ – eigentlich mehr ein viergeschossiger Turm, umgeben von Akazien, einige Kilometer vom Haupthaus entfernt. Sich wie ein einsamer Lord auf einem britischen Landsitz fühlen? Rufen Sie im „Newt“ in Somerset an, ob die abgelegene „Gate Lodge“ möglicherweise gerade frei ist.
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Dieselben Geheimhaltungsregeln gelten teilweise auch für das Meer. Auf einigen Segelschiffen des High-End-Anbieters Wind Star soll es eine Tür mit dem Vermerk „Staff only“ geben, hinter der sich in Wirklichkeit die einzige Suite auf dem Kapitänsdeck versteckt. Die Preise, so heißt es mysteriös, „schwanken“.Und wie sehr sie auch variieren, in diesen Sphären akzeptiert man sie. Leiser Luxus setzt voraus, dass man nie, aber auch wirklich nie, einen Discount einfordert. Damit läuft man nur Gefahr, auf der schwarzen Liste der Hotels zu landen – und sein Glück demnächst mit Normalsterblichen am Black Friday zu versuchen.
Text: Ulf Lippitz
Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Winter 2023/24.