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AktivKulturReviewSki

Die Wiege des Skifahrens

Eine Zeitreise in die Vergangenheit.

16. Dezember 2020


Tief verschneite Berge, strahlend blauer Himmel und Sonnenschein: Heute denkt dabei wohl jeder an Skivergnügen. Das war nicht immer so. Wie die Alpen zur „Wiege des Skifahrens“ wurden und was die Emanzipation damit zu tun hat.

©Mary Evans / picturedesk.com

"Skifoan ist des Leiwandste, wos man sich nur vurstölln kann!“ – dass Wolfgang Ambros im Jahr 1976 seinen Ohrwurm schreiben konnte, verdankt er zu einem Großteil den nordischen Völkern. Aber auch den Alpenländern. Und einigen vorausschauenden Menschen. Denn um die Anfänge der Geschichte des Skifahrens und die Pioniere unter den Skiläufern ranken sich zahlreiche Geschichten.

Geht es nach der Marketingabteilung des Schweizer Nobelskiorts St. Moritz, steht jedenfalls außer Frage, dass es eben dieses vom Jetset geliebte Bergdorf war, wo vor 150 Jahren nicht weniger als der gesamte Wintertourismus aus der Taufe gehoben wurde. Auch St. Anton am Arlberg schmückt sich gern mit dem Titel „Wiege des Skifahrens“ und einige andere Skifahrer-Bastionen wollen maßgeblich am Erfolg der besungenen „zwei Bretteln“ beteiligt sein. Freilich kamen Völker in schneereichen Regionen schon vor tausenden Jahren auf die Idee, zwei Latten unter ihren Füßen zu befestigen, um nicht im tiefen Schnee zu versinken. Eine Höhlenzeichnung in Norwegen, deren Alter auf ca. 4500 Jahre datiert wird, soll das Abbild eines Skiläufers sein. Und in Schweden wurde der vielleicht erste Ski gefunden, welcher ähnlich alt sein soll. Wo und wann ein Mensch das erste Mal auf Skiern stand und wer das Skifahren tatsächlich erfunden hat, ist noch immer nicht genau zu sagen.

Historisch eindeutig belegt ist jedenfalls die Tatsache, dass die Ursprünge des heutigen Skisports in Norwegen liegen. Auch der Begriff „Ski“ ist norwegisch und bedeutet so viel wie „Scheit, gespaltenes Holz“. Im 18. Jahrhundert wurden in der norwegischen Armee bereits Ski-Einheiten aufgestellt und im Laufe der Jahre gelangte Skifahren als Freizeitbeschäftigung immer mehr ins Bewusstsein der norwegischen Bevölkerung. Um 1850 fanden in Christiana in Norwegen, dem späteren Oslo, die ersten Rennen der Skigeschichte statt und Anleitungen zum Skifahren erschienen ca. 1870, ebenfalls dort. In der Provinz Telemark entwickelte der Norweger Sondre Norheim eine Bindung, bei der lediglich die Spitze des Fußes am Ski fixiert ist: Der Telemarkski erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Die zunehmende Popularität in Norwegen sowie die Grönland-Durchquerung des Polarforschers Fridtjof Nansen im Jahre 1888 führten um die Jahrhundertwende in Mitteleuropa zu einem wahrhaften Boom der Bretter.

Geburt des Wintertourismus

Beliebt ist auch die Geschichte des gewieften Hoteliers Johannes Badrutt, der seine englischen Sommergäste mit einer Geld-zurück-Garantie zu einem Winterurlaub ins verschneite Engadin locken konnte. Mit großer Skepsis zur Weihnachtszeit angereist, seien diese schließlich erst nach Ostern 1865 wieder heimgekehrt: „Der Wintertourismus war geboren“, heißt es auf der Website von St. Moritz stolz. 

Bereits in den 1890er-Jahren wurden die ersten Skivereine gegründet, in denen zunächst skandinavische Studenten ihr Erlerntes weitergaben. Vereine wurden in Deutschland (Todtnau), der Schweiz (Glarus) und in Österreich (St. Christoph am Arlberg) gegründet. Vereinzelt wurde sogar in Schulen Skifahren unterrichtet. In den Alpen stellte sich jedoch ein Problem heraus: Der Telemark-Schwung, welcher optimal auf den eher flachen skandinavischen Bergen anzuwenden war, eignete sich nicht gut für die weitaus steileren Hänge der Alpen. Die Technik veränderte sich stetig in Richtung Stemmschwung und auch die Skier wurden den neuen Gegebenheiten angepasst. Die aus Norwegen importierten Ski waren in der Regel rund drei Meter lang und somit schwer zu wenden. Dem Maler und Bildhauer Mathias Zdarsky ist es zu verdanken, dass die Skier an die alpinen Gegebenheiten angepasst wurden. Er kürzte die Latten und erfand die „Lilienfelder Bindung“ – eine Bindung, welche die Spitze des Fußes wie auch die Ferse fixiert. Zudem kam Zdarsky beim Experimentieren auf die Idee, seine Skier auf Höhe der Bindungen schmaler zu sägen. Durch die Taillierung ließen sich kurvige Schwünge fahren und die erste Version des Carving-Skis war geboren. Mathias Zdarsky veröffentlichte 1897 ein Buch über seine eigens entwickelte Skilauf-Technik und machte sich zum Begründer der alpinen Ski-Technik in der Geschichte des Skisports.

Emanzipation und andere Meilensteine

Übrigens war der Skisport, im Gegensatz zu vielen anderen Sport- und Freizeitaktivitäten, nie allein Männern vorbehalten. Bereits 1863 nahm eine Frau, die damals 16-jährige Ingrid Olsdatter Vestbyen, an einem Skirennen teil. Auch gesellschaftspolitisch hat der Sport Spuren hinterlassen: Während die ersten Skifahrer vor hundert Jahren in Knickerbockern, dicken Stricksachen mit Norweger-Muster, Lederstiefeln und Tweed-Sakkos über die Berge rauschten, waren die Frauen in Wollröcke und Pelzmäntel gehüllt. Da sich das Skifahren in langen Röcken jedoch als äußerst unpraktisch erwies, wurden auch Skihosen für Damen entworfen. Wenn man so will, hat der Skisport also ein kleines Stück Emanzipationsgeschichte geschrieben: Schließlich war es für Frauen jahrhundertelang undenkbar, Hosen zu tragen.

Ein Meilenstein in Richtung Massensport wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gesetzt: 1908 wurde der erste Skilift in Betrieb genommen: Über ein Mühlrad mit Wasserkraft betrieben, überwand der Lift in Schollach im Hochschwarzwald 32 Höhenmeter und war 280 Meter lang. Skifahrer hielten sich an speziell geformten Zangen fest, die an einem Seil befestigt waren, welches die Sportler den Berg hinaufzog. Durch den Wegfall des beschwerlichen Aufstiegs blieb ausschließlich der Spaß am „Wedeln“ übrig.

Erstmals als Touristenaktivität wurde das Skifahren im Jahr 1915 erwähnt. Als nach dem Ersten Weltkrieg zahlreiche neue Eisenbahnlinien einen ausgedehnten Touristenverkehr ermöglichten, wurde der Skisport vermehrt auch in der Freizeit betreiben. Erste richtige „Skigäste“ kamen in den Goldenen Zwanzigern nach Österreich. Immer mehr Lifte wurden errichtet und neue Skigebiete erschlossen, um darauf zu reagieren. So entwickelte sich Skifahren stetig zum Freizeitsport der Masse.

Freizeitvergnügen für alle

Das zeigt sich auch in den rasant wachsenden Zahlen: Während 1950 weltweit nur rund fünf Millionen Menschen Wintersport betrieben, so waren es zwanzig Jahre später bereits 35 Millionen. Der Rest ist im wahrsten Sinne: Geschichte. Heute ist das Skifahren längst nicht mehr nur dem Jetset vorbehalten, es ist eine Volkssportart geworden, die nahezu überall auf der Welt betrieben wird. Notfalls auch auf künstlichen Pisten in Winterhallen.

Wer sich nun die Auszeichnung „Erfinder des Skisports“ oder „Wiege des Skifahrens“ an die Fahne heften darf, ist im Grunde auch nicht so wichtig. Wie so oft, haben eben viele Pioniere und Vordenker dazu beigetragen, dass der Sport heute weltweit so beliebt ist, und verhalfen somit dem gesamten Alpenraum zu florierender Wirtschaft und internationaler Bekanntheit. Und letztlich sind es auch die einzigartigen Regionen und ihre Einwohner selbst, die seit jeher daran arbeiten, dass es auch so bleibt. In diesem Sinne: „I wü Skifoan …!“ 

Picture Credit: Getty Images, Shutterstock

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