Warum Wien ein Paradies für Foodies und Weinliebhaber ist
Zwischen entspanntem Fine Dining und kultigem Dönerstand: In den letzten Jahren hat sich die Gastronomieszene in Wien deutlich verjüngt und das kulinarische Angebot erweitert. Außerdem ist Wien ein Naturwein-Eldorado.
25. Oktober 2024
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Wien war schon immer ein Gasthausparadies. Seine Bewohnerinnen und Bewohner sind Wirtshaussesselkleber: Sie lieben ihre Stammlokale, denen sie meist ein Leben lang treu sind. Gespart wird lieber anderswo, das Wirtshausgehen gehört zum Lifestyle wie das Chillen in traditionsreichen Badeanstalten wie dem Gänsehäufel und der berühmte Wiener Schmäh. Man kennt den Wirt, plaudert über Gott, die Welt, das Wetter und die Politik; und beobachtet, wer aller vorbeiflaniert. Die Wiener können hektisch sein, ja, auch ziemlich grantig, wenn nicht alles nach ihrem Kopf geht – aber im Wirtshaus kommen sie zur Ruhe. Fast meditativ finden sie beim Schnitzel zu sich selbst, werden gesellig und glücklich.
Im Sommer sind die Schanigärten vor den Lokalen voll, der Sommerspritzer, wie man die leichte Weißweinschorle nennt, ist erfrischend und dementsprechend beliebt. Innereien wie Beuschel, ein Ragout aus Lungenflügeln und Herz, aber auch Hirn und Leber sind Klassiker auf der Speisekarte. Nose-to-Tail-Eating war schon immer ein fester Bestandteil der Wiener Küche, auf die man stolz ist. Auch mit dem kulinarischen Spagat zwischen Fine Dining und Würstelstand tut man sich leicht: Klar geht es in der Ballsaison nach einer durchtanzten Nacht in Abendkleid und Frack zum „Bitzinger“-Würstelstand bei der Albertina, wo sich alle Nachtschwärmer treffen. Aber Achtung, die berühmte „Eitrige“ (in Wien ein Synonym für eine Käsekrainer) bestellen nur mehr deutsche Touristen, die glauben, besonders originell zu sein – bei den jüngeren Generationen ist das Wort längst ausgestorben. Aber auch im Imbiss-Bereich ist die Zeit nicht stehen geblieben: Bei „Alles Wurscht“ am Börseplatz etwa steht Fermentiertes hoch im Kurs, statt Krautsalat gibt es Kimchi.
Wiener Originale
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Und vor „Ferhat Döner“ in Favoriten stehen die Menschen regelmäßig Schlange, um das unglaublich cremige Joghurt und das Sauerteigbrot im Döner zu genießen. Überhaupt hat Wien in Sachen Fast Food in den letzten Jahren ordentlich etwas vorgelegt: „XO Grill“ in der Kettenbrückengasse hat laut „Big 7 Travel“ gar den besten Burger Europas! Wer mehr über Streetfood in Wien wissen möchte, der muss unbedingt die Videos „Hungry for More“ ansehen – so nennt sich der beste Online-Essensführer, der Appetit auf Wien machen soll. Sternekoch Lukas Mraz spaziert da gut gelaunt durch die Stadt, zeigt kulinarische Hotspots und Wiener Originale in Aktion. Besser lernt man die Stadt mit all ihren Ecken und Kanten, aber auch Liebenswürdigkeiten nicht kennen als in diesem Format. Der unkonventionelle Kreativkoch Mraz ist in Wien ohnehin eine Kultfigur, er hat Fine Dining jung und cool gemacht, ihm alles Steife genommen.
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Wien hat die Pandemie erstaunlich gut überstanden. In den letzten Jahren haben zahlreiche neue Lokale aufgemacht, die das kulinarische Einerlei aufmischen – und auch in Bezirke gehen, die nicht unbedingt auf der touristischen Wien-Karte liegen. Die „Rosebar Centrala“ in der Brigittenau (um die Ecke vom Sternelokal „Mraz & Sohn“) setzt in spartanisch-hippem Ambiente auf osteuropäisch angehauchte Speisen. Neu ist auch die „Cucina Itameshi“, der jüngste Clou des Mochi-Imperiums, das für herrliche Ramen und andere japanische Klassiker steht. Im „Itameshi“ wagt man eine spannende Fusion: einen Mix aus japanischer und italienischer Küche.
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Wien ist zudem seit Jahren ein Naturweinparadies: Die Stadt war ein Vorreiter des weltweiten Trends. In Bars und Restaurants wie dem „Bruder“ oder der „Rundbar“ werden die spannendsten Naturweine angeboten; das Ambiente ist hip, das Publikum jung. Im „Bruder“, sehr zentral in einer Seitengasse der Mariahilfer Straße gelegen, werden originelle Cocktails serviert, da die Betreiber gern mit Fermentiertem experimentieren. Und der Wiener Schmäh wird im „Bruder“ gratis dazuserviert.
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Die Wiener lieben ihre Märkte, auf denen sie frische Produkte einkaufen. Berühmt ist der Naschmarkt, der vor allem am Samstag mit dem Flohmarkt zum beliebten Treffpunkt wird, aber auch der Vorgartenmarkt im zweiten Bezirk lohnt einen Besuch. Seit Kurzem hat das „C.O.P.“ dort ein Pop-up eröffnet, das ideal ist, um einen lauen Sommerabend zu genießen. Legendär ist der Fisch, der als Ganzes paniert oder geröstet wird. Am besten teilt man das üppige Essen. Auch das coole „Café Azzurro“ am Urban-Loritz-Platz ist sehr beliebt, Highlight sind die Kimchi-Fleckerl; und auch die Weinkarte kann sich sehen lassen. Das „Bouvier Bistro“ im schicken neuen Hotel „Hoxton“ kocht einen spannenden Mix aus österreichisch, französisch und amerikanisch – und die „Cayo Coco“-Bar am Dach ist auch für Einheimische ein angesagter Hotspot.
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Was ist ein Wirtshaus?
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Auch das „Limón“ garantiert Wien-Blick, obwohl man sich vom Ambiente und der Speisekarte an die französische Riviera versetzt fühlt. Während im Erdgeschoss im Restaurant „Meissl & Schadn“ die typischen Wiener Schnitzel geklopft werden, ist das „Limón“ im achten Stock des „Hotel Grand Ferdinand“ sehr mediterran angehaucht (inklusive am Tisch flambierter Crêpe Suzette). Und weil es Schnitzel auch in Italien gibt, kann man hier zumindest ein Cotoletta alla milanese bestellen.
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Wien ist durch die neuen Lokale heute aber auch etwas weniger spontan. Früher musste man (außer beim Fine Dining) nirgends reservieren, jetzt gibt es auch in Wien Timeslots und die Gefahr ist groß, nirgends Platz zu finden, wenn man keinen Tisch gebucht hat. Aber sonst ist alles sehr entspannt geblieben: Schick anziehen muss man sich nirgends, jeder ist willkommen. Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Gasthaus und einem Wirtshaus? Ein Bonmot sagt: Im Wirtshaus hat der Wirt das Sagen, im Gasthaus der Gast. Klingt absurd, macht aber Sinn, wenn man bedenkt, dass das klassische Wiener Wirtshaus eine Institution war, die stark von der Persönlichkeit des Wirts geprägt war. Klar geht man in Wien nicht nur zum Essen in ein Lokal – man möchte auch unterhalten werden.
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Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Sommer 2024.