Sonne im Glas: Weinregion Südtirol
Südtirol ist eine Weinregion mit großer Vielfalt: An steilen Hängen wachsen Trauben für den Kerner und den Silvaner, junge Winzerinnen und Winzer entdecken alte Sorten wie Vernatsch wieder – und auch biologisch hergestellter Wein erfreut sich großer Beliebtheit.
31. August 2023
© carolineseidler.com
Das Eisacktal zwischen Brixen und Klausen ist das nördlichste Weinbaugebiet Italiens. An den steilen Hängen dieser Weinregion Südtirols wachsen Traubensorten, die man sonst nur nördlich der Alpen findet: Kerner und Silvaner sind weitverbreitet, aber auch Grüner Veltliner, Riesling oder Pinot Grigio gedeihen prächtig. Im mächtigen Kloster Neustift wird seit dem 12. Jahrhundert Weinbau betrieben; ein Besuch der dortigen Weinschenke und die umliegenden Weinberge ist ein Erlebnis. Die alte Bischofsstadt Brixen lädt mit ihren Laubengängen und den verwinkelten Gassen zum Entdecken ein. Für einen Aufenthalt bietet sich das Hotel „Haller“ an, mitten in den Weinbergen über der Stadt. Wer mehr auf gediegene Tradition setzt, sollte im „Hotel Elephant“ wohnen: Hotel und Gastwirtschaft bestehen seit dem späten Mittelalter, und mit Juniorchef Michael Falk und dem talentierten Chefkoch Mathias Bachmann weht dort gerade ein erfreulich frischer Wind.
Kein Hügel, auf dem nicht Wein wächst – auch viele kleine Bauern bieten ihre besonderen Weine an. © Oskar Da Riz
Weinstadt Bozen
Die Kellerei Kurtatsch produziert auf nachhaltige Weise charaktervolle Weine. © OskarDaRiz
Nächste Station ist die Landeshauptstadt Bozen. Dass sie auch eine bedeutende Weinstadt ist, wird keine zwei Kilometer vom Stadtzentrum klar. Dort im kleinen St. Magdalena übernehmen gerade junge, engagierte Winzerinnen und Winzer die Tradition der Väter und setzen auf den lokalen Vernatsch. Christian Plattner vom Ansitz Waldgries zählt da schon zu den Arrivierten. Im westlichen Stadtteil Gries liegt die Heimat des Lagrein, einer geschätzten autochthonen Rotweinsorte. Kurz vor der Stadtgrenze halten wir in der Kellerei Bozen, wo im lichtdurchfluteten Verkostungsraum die ganze Palette der Weinregion Südtirol steht.
In der Kellerei St. Michael-Eppan stehen heute noch prunkvoll geschnitzte Holzfässer. © Klaus Peterlin
Das Weindorf Terlan ist berühmt für langlebige Weißweine. Eine Mischung von Chardonnay, Weißburgunder und etwas Sauvignon blanc hat sich als Terlaner Cuvée einen globalen Namen geschaffen. Besonders geschätzt für ihre „Weißen“ wird die Kellerei Terlan, eine Winzergenossenschaft auf höchstem Niveau. Die roten Porphyrhänge sind aber auch für Rotweine gut geeignet, das zeigt das im Ortsteil Siebeneich gelegene Weingut Kornell. Funde belegen, dass hier schon seit den Römern Weinbau betrieben wurde. Heute erzeugen Florian Brigl und seine Mannschaft hier kraftvollen Merlot, Cabernet und Lagrein. Die feinen Weißweine, die es ebenfalls im Haus gibt, stammen von der anderen Seite des Tals.
Von außen sieht die Kellerei Bozen wie ein riesiges Reben-blatt in Form eines Würfels aus. © Oskar Da Riz
Dort liegt das Überetsch – Eppan mit seinen Ortsteilen Girlan, St. Pauls und St. Michael sowie die Marktgemeinde Kaltern sind die größten Weinorte Südtirols. Die hoch gelegenen, kalkhaltigen Lagen sind ideal für Weißweine, es dominieren Weißburgunder, Sauvignon blanc und Chardonnay. Hans Terzer, Kellermeister der Kellerei St. Michael-Eppan, zählt zu den Pionieren der Weinregion Südtirol. Auch wenn er bald in den Ruhestand geht, sein Nachfolger Jakob Gasser wird den Betrieb weiterhin an der Spitze halten. Im Nachbarort Girlan hat sich die Kellereigenossenschaft in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Blauburgunder-Erzeuger gemausert. Mit ihrem „Super-Südtiroler“ namens „Vigna Ganger“, und ihren „Curlan“ und „Trattmann“ haben sie eine spannende Palette von Pinot noir. Dabei sollte man nicht auf den Klassiker „Vernatsch Gschleier von alten Reben“ vergessen.
Der Südtiroler Süden
© kellereibozen.com / Oscar Dariz
Am Kalterer See wähnt man sich weit im Süden; Zypressen künden vom mediterranen Klima. Die Weingärten rund um den größten und wärmsten Badesee Südtirols erbringen einen fruchtig-leichten Rotwein, dem unter anderem die Kellerei Kaltern zu neuem Ansehen verhilft. In der nächsten Ortschaft erhebt sich die Kellerei Tramin wie eine rankende Rebe aus den Weingärten; hier dominiert der duftig-intensive Gewürztraminer. Bei Elena Walch hat ein Generationswechsel stattgefunden – die Grande Dame des Südtiroler Weins ist zugunsten ihrer Töchter Julia und Karoline etwas zurückgetreten. Zunehmend setzten die Walchs auf Pinot noir; vor allem den sehr guten „Pinot Nero Ludwig“ und den nur in kleiner Auflage erzeugten „Aton“.
Innovative Architektur für alte Weine: Die Kellerei Kaltern. © Alex Filz
Pinot noir spielt auch auf der gegenüberliegenden Talseite, in Montan, eine wichtige Rolle. Schon früh erkannte Franziskus Haas, dass diese Rebsorte kühlere Lagen bevorzugt. Sein „Pónkler“ wird auf 800 Meter geerntet und gilt als einer der besten von der Südseite der Alpen. Nach seinem Tod 2022 wird der Betrieb von seiner Frau Luisa und Sohn Franz junior erfolgreich weitergeführt. Im romantischen Ortskern von Neumarkt wiederum befindet sich das Verkaufslokal von Castelfeder. Überragend ist der neue Chardonnay „Kreuzweg“, einer der besten im Weinregion Südtirol. Doch zurück zur anderen Talseite: Wer kraftvolle Rotweine liebt, wird in der Kellerei Kurtatsch sicher fündig. Unsere Route endet in Margreid – hier bietet Alois Lageders Vinothek im Paradeis feine Weine und köstliche Gerichte. Da kann man verweilen!
Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Südtirol Spezial 2023.