Warum Foodies unbedingt in den Libanon reisen sollten
Ob Hummus, Falafel oder Baba Ganoush: Wer die arabische Küche liebt, sollte den Libanon bereisen
18. Mai 2023
Die kulinarische Hochburg Libanon
Basilika St. Paul in Harissa © Getty Images
Teller, voll beladen mit Brot, Spießen und Teigtaschen, unzählige kleine Schüsseln mit kräuterverzierten Dips und Saucen, Schalen, die schier überlaufen mit farbenprächtigen Salaten, Zitrusfrüchten und Gebackenem aller Art: Wohl keine andere Küche hat den westlichen Blick auf die Kulinarik des Nahen Ostens so geprägt wie die libanesische. Auch unter den Staaten Arabiens gilt die Küche des Libanons als Wegmarke und Orientierungspunkt – und auch, wenn das Land seit einiger Zeit unter einer schweren Wirtschaftskrise leidet und sich das Bild vor Ort beträchtlich von früheren Zeiten unterscheidet, so lohnt doch (und vielleicht gerade jetzt) ein Besuch in der Heimat von Baba Ganoush, Falafel und Hummus.
Nationale Spezialität "Hummus" © Shutterstock
Die Geschichte des Libanons ist geprägt von ausländischen Mächten; je weiter man zurückschaut, desto mehr lassen sich aufzählen. Wesentlich beeinflusst wurde die Küche hier sicherlich von den Ottomanen und in jüngerer Zeit von den Franzosen, erst im Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1943, erklärte der Libanon seine Unabhängigkeit von der einstigen Mandatsmacht Frankreich. Das Land ist nach wie vor frankophon, Umfragen zufolge wird Französisch in jedem zweiten Haushalt verstanden.
Mireille Hayek (re.) und ihre Tochter Yasmina © Lyle Boenke
Vor allem für den Weinbau hat das erhebliche Folgen gehabt. Libanesischer Wein genießt das höchste Ansehen unter den Weinbaugebieten des östlichen Mittelmeers und hat insbesondere mit eleganten Erzeugnissen aus roten Trauben immer wieder für Aufsehen gesorgt. Der Umgang des Landes mit Alkohol gilt als relativ liberal – auch dafür sind die Gründe in der Geschichte zu finden: Der Minderheit der Christen war in dem mehrheitlich islamisch geprägten Land immer ein besonderer Schutz zugestanden worden.
Paradebeispiel orientalischer Kost © Lyle Boenke Photography
Unter allen arabischen Ländern legt der Libanon zweifellos den größten Fokus auf Gemüse. Die vegetarische Vielfalt der libanesischen Küche ist gigantisch und hängt eng mit dem jahreszeitlichen Angebot zusammen. Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen spielen ganzjährig eine wichtige Rolle, frisch zubereiteter Hummus, für den praktisch jeder Haushalt ein eigenes Rezept hat, ist ein wahrer Hochgenuss. Auberginen sind eben falls eine wichtige Zutat, etwa über Kohle gegrillt und mit Olivenöl, Knoblauch und Zitronensaft zu Baba Ganoush veredelt. Im Ausland weniger bekannt ist das ebenfalls auf Auberginen basierende Mutabbal, das ganz ähnlich wie Baba Ganoush zubereitet wird, aber zusätzlich die Sesampaste Tahini enthält – und für den besonderen Pfiff noch mit Granatapfel-Sirup abgeschmeckt wird.
Beirut trägt zu Recht den Beinamen „Paris des Nahen Ostens“ © Shutterstock
Auch hier zeigen sich wieder fließende Grenzen: Mutabbal ist in Syrien und in den Palästinensergebieten sehr populär, Ful, eine Art Dip aus gekochten Dicken Bohnen, wird auch in Ägypten sehr geschätzt. Eines der Signature Dishes traditioneller libanesischer Küche ist ohnehin auf der ganzen Welt bekannt und geschätzt: Taboulé, der mit reichlich Petersilie gewürzte Salat mit Bulgur, Tomaten und Minze.
Levantinische Köstlichkeiten © Adobe Stock
Gefüllte Weinblätter sind eine weitere Spezialität, häufig sind sie allerdings nicht rein vegetarisch, sondern mit Hackfleisch gefüllt und in einer Lammsuppe gekocht. Überhaupt macht Lamm einen großen Teil des Fleischs aus, was wohl auf den Einfluss der Ottomanen zurückgeht, die das Land viele Jahrhunderte lang beherrschten. Ein köstliches Vergnügen ist etwa langsam gegarte Lammschulter, die mit dem gängigen arabischen Gewürzmix eingerieben ist: Zimt, ein Hauch Nelke, Knoblauch, Zitronenschale, Kreuzkümmel und etwas Ingwer gehören dazu, fein gehackter Koriander kommt am Ende auf das fertige Gericht.
Seit 2021 gibt es das „Em Sherif at Harrods“ in London © beigestellt
Wenn es um Streetfood geht, so kommt man an Shawarma, dem vom Drehspieß geschnittenen Fleisch, definitiv nicht vorbei. Hierzulande deutlich unbekannter ist eine weitere Spezialität der libanesischen Küche, die auch in anderen Ländern der Levante geschätzt wird: Kibbeh. Es handelt sich dabei um eine schmackhafte Mischung aus Bulgur und Hackfleisch, die mit Pinienkernen und Gewürzen gefüllt und anschließend in heißem Fett ausgebacken wird. Etliche Versionen kursieren hier für die Zubereitung und je nach Region lernen Besucher immer wieder eine neue Variante desselben Grundgerichts kennen – Essen von der Stange bekommt man hier sowieso kaum irgendwo.
Zeitgemäße Kost gibt es bei „Em Sherif“ © beigestellt
Beirut als kulinarischer Fixpunkt
Start für eine ausgedehnte Reise durch die reichhaltige Welt der libanesischen Küche sollte Beirut sein. Hier konzentrieren sich die meisten Restaurants, hier bekommt man erlesenen Fisch und bestes Seafood. Bis zum Bekaa-Tal nahe der syrischen Grenze fährt man rund eineinhalb Stunden; dort kann man einige der besten Weingüter des Landes besuchen. Die tiefgreifende Wirtschafts- und Finanzkrise, die den Libanon ergriffen hat, stellt nicht zuletzt die Gastronomie vor teilweise existenzbedrohende Herausforderungen. Restaurants, die sich bislang behaupten können, etwa das „Liza“ oder das französisch geprägte „Burgundy Beirut“, vermitteln jedenfalls einen Eindruck der kulinarischen Klasse, die das Land lange Zeit zu einem der begehrtesten Gourmetziele im Nahen Osten gemacht hat.
Restaurant „BARON“ © ANNOINYMS
Text: Philipp Elsbrock