Tirol: Faszination Berge
Wer möchte bei diesem Ausblick nicht zum Gipfelstürmer werden? In Tirol entwickelt man sich automatisch zum Outdoor-Fan. Wie das gelingen kann? Mit einem breiten Angebot sowohl für Anfänger als auch für Familien und Profis.
24. Juni 2024
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Es wirkt, als wäre eine der berühmten Pyramiden aus Ägypten mitten in die Alpen gebeamt worden: Der Guffert steht markant vor dem Rofangebirge, aber seine Spitze ragt einsam in den Himmel. Bei Kletterern ist er beliebt, weil die Aussicht famos und das Gelände fordernd ist. Wer fit genug für den Südgrat ist, wird begeistert sein von der Wildheit des Areals. Obwohl die Münchner impertinenterweise behaupten, der Guffert sei einer ihrer Hausberge, ist er doch eine der zahlreichen Tiroler Alpinherausforderungen; ein Kletterklassiker mit Weitblick-Garantie.
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Eines lernt man als Tourist in Tirol ohnehin schnell: Mit den Einheimischen darf man sich nicht messen. Diese haben schon im Kleinkindalter Berge bezwungen, bei denen Großstädtern allein vom Anblick die Luft ausgeht. Besser, man geht es gemächlich an, erforscht, ob die angegebenen Routenzeiten tatsächlich für einen passen – oder ob sie, wie so oft, von zügigen Alpenvereinsmitgliedern durchaus sportlich angelegt worden sind. Fotopausen sind nicht einberechnet in den Wanderzeiten, aber Motive findet man ohne Ende: Idyllische Pausenplätze abseits touristischer Routen lassen Natur hautnah erleben.
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In Tirol ist es fast unmöglich, ein Outdoor-Muffel zu bleiben. Die Landschaft ist einfach zu schön, man bewegt sich staunend durch eine archaische Bergwelt. Schroffe Felsen wechseln sich mit blühenden Wiesen ab; Seen, die sich wie Fjorde durchs Tal schlängeln, Bergbäche und Wasserfälle, die unwirklich schön glitzern. Ständig oszilliert man zwischen der Enge des Tals und der Weite der Berge. Diese Gegensätze prägen sowohl die Region als auch die Menschen; sie spornen an, zum Gipfelstürmer zu werden. Ein Blick von oben auf das eigene Leben kann erhellend und befreiend sein. Man möchte möglichst viel erkunden, ob zu Fuß, mit dem Rad oder auf einem Schiff. Oder vielleicht doch lieber mit dem Heißluftballon über den Achensee gleiten und die unglaubliche Stille genießen? Alles ist möglich und erstaunlich leicht zu organisieren.
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Von Landeck lassen sich Wanderungen zur Burg Schrofenstein unternehmen – einer der vielen Wehrbauten in Tirol, die von einer Vergangenheit erzählen, in der diese Region heiß umkämpft war. Ruinen, Schlösser, Kirchen und alte Salzstraßen lassen das Mittelalter lebendig werden; man erwandert sich so die reiche Geschichte Tirols. Der Nationalpark Hohe Tauern ist der größte Nationalpark Mitteleuropas und eine gute Gelegenheit, das einzigartige Ökosystem kennenzulernen – auch, um Kindern mitzugeben, wie wichtig es ist, diesen außergewöhnlichen Artenreichtum zu schützen. 15.000 Tierarten finden sich hier, das ist ein Drittel aller in Österreich vorkommenden Spezies. Am besten, man lässt sich von den heimischen Rangern alles erklären – viele von ihnen sind selbst Originale, Bergfexe und Naturschützer der ersten Stunde. Wie Gämsen bewegen sie sich in den Bergen, als wären diese ihr natürlicher Lebensraum. Vielleicht gelingt es ihnen sogar, einen Steinadler zu sichten, das Wappentier dieses Nationalparks.
Klettersteig-Debüt
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Am Achensee lassen sich Entspannung, Wellness, Genuss und Höhensport unangestrengt verbinden. Am Vormittag erklimmt man den fordernden Rosskopf-Klettersteig – oder man sucht sich eine Einsteigerroute, um erste Kletterschritte zu wagen. Am Nachmittag chillt man am Seeufer und genießt die Sonne. Bei Schlechtwetter ist man in eineinhalb Stunden im futuristischen „Aqua Dome“, einer weitläufigen, architektonisch spannenden Thermenlandschaft. Auch die Dichte an Haubenrestaurants am Achensee beeindruckt.
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Tirol zählt aber auch zu den abwechslungsreichsten Mountainbike-Revieren Österreichs. In den zahlreichen Bike-Verleihstellen bekommt man die besten Tipps, welche Touren für einen geeignet sind. Allein am Achensee sind 250 Kilometer Mountainbike-Routen erschlossen, aber auch von Innsbruck geht es schnell hinaus in die Natur. Spannend ist auch das Alpbachtal, das mit schroffen Felsen und idyllischen Almen, aber durchaus fordernden Routen punktet. Osttirol ist mit Blick auf den Großglockner und die Venedigergruppe im Norden eines der eindrucksvollsten Naturpark-Gebiete; das Ötztal wiederum ist besonders vielfältig, was die Routen betrifft. Die Region Seefeld eignet sich gut für Familienausflüge und E-Mountainbike-Touren, das Zillertal trumpft mit seinen zahlreichen Dreitausendern auf, aber auch mit vielen Bergbahnen, die helfen, nicht alles im Alleingang bezwingen zu müssen.
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Es boomt gerade, im Urlaub anzupacken: Als freiwilliger Helfer auf einem Bauernhof zu arbeiten ist eine gute Gelegenheit, um mehr über Almpflege, Wildkräuter und Tierwohl zu lernen – und mit den Einheimischen Freundschaften fürs Leben zu schließen. Viele Gäste sind so zu Stammgästen geworden, sie genießen die Zeit auf der Alm, um Teil der Natur zu sein. Unterkunft und Verpflegung sind meist kostenlos, wenn man bei der Heuernte oder der Stallarbeit hilft.
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Eines ist sicher: Ohne Muskelkater kommt man in Tirol nicht davon. Aber gerade das ist ja, warum man gern Urlaub in den Bergen macht – man möchte sich wieder mehr spüren, erleben, dass unsere Bürokörper zu mehr fähig sind als zu banalen Alltagsbewegungen. Tirol ist ein Motivationsmultiplikator: Selbst Kinder, die daheim schwer vom Bildschirm loszureißen sind, entdecken den Steinbock in sich. Und wenn man sich am Abend wie betrunken fühlt, liegt das nicht zwangsläufig an der guten Verpflegung in den Hütten: Auch frische Luft macht rauschig – und süchtig.
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Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Tirol Spezial 2024.