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So bezaubernd ist eine Reise nach Lappland

Auf dem Hundeschlitten durch tief verschneiten Wald jagen und bei Kerzenlicht am Kamin entspannen: Frostige Wintertage in Lappland besitzen ihren ganz eigenen Zauber. Und auch die Dunkelheit birgt hier keinen Schrecken, denn Nordlichter und Sternschnuppen erhellen Himmel und Gemüt.

27. Dezember 2024


Wald und Weite

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Der Morgen beginnt spät. Es ist schon nach neun, als der bläuliche Schimmer am Himmel zu matter Helligkeit wird und sich ein rosafarbener Schleier über dem Horizont ausbreitet. Von draußen stapfen in Schneeanzüge, Schals und schwere Stiefel gehüllte Frühaufsteher hi­nein und bringen eisige Luft mit – und den Wetterbericht: ­Minus 18 Grad, vier Schichten Kleidung seien ange­raten, melden sie.

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Der Sieg des Menschen über die Kälte der Polarnacht manifestiert sich (abseits der Sauna in jedem Bad) in wohlig überheizten Holzhäusern; man ist über weite Teile des Tags damit beschäftigt, sich in mehrere Lagen warmer Kleidung hinein- und auch wieder hinaus ­zu ­schälen. Wem es zu warm wird, der kann per Leiter ins Eisloch steigen oder gleich draußen schlafen. Einige Hotels haben Eispaläste errichtet, in denen die Gäste sich in Rentierfelle betten. In der Ferne bellen Hunde; das sind die Huskys, die sich ohrenbetäubend auf ihren Auslauf freuen. Dafür sind die Gäste zuständig: Sechs ausgeschlafene Hunde vor einem ­federleichten Holzschlitten sind ähnlich leicht zu kontrollieren wie ein Vollblutpferd. 1000 Kilogramm kann das Gespann ziehen – die bringt kein Schlittenlenker auf die Waage, und auch der Passagier hilft nicht, der auf dem Schlitten sitzt. Einfluss auf die Richtung nimmt der Lenker durch das Verlagern seines Gewichts auf den ­Kufen, doch das ist allenfalls Feinabstimmung. Gibt der Führer im ersten Schlitten das Zeichen zum Start, lassen sich die Tiere nur im Zaum halten, indem der Lenkende mit beiden Füßen und ganzem Körpergewicht die Bremse in den Schnee tritt. Lässt er sie kommen, geht es blitzartig los.

Rentier-Bouillon am Kaminfeuer

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Der Schlitten fliegt um die erste Ecke, und wer jetzt noch auf den Kufen steht, hat eine reelle Chance, durchzukommen. Wer im Schlitten sitzt, ist ohnehin hilflos – und kann genauso gut glitzernden Schnee und endlose Morgenröte bewundern, die sich unmerklich in einen orangefarbenen Abendhimmel verwandelt. Die Adrenalin­zufuhr schützt vor Erfrierungen, die Landschaft funkelt im ewigen Zwielicht, und einige lange Steigungen lassen die Huskys ahnen, dass auch ihre Kraft endlich ist. Und siehe: Nach 17 Kilometern bellt keiner mehr. Zurück am Zwinger lassen sich die Tiere herzen wie träge Bassets. Die Fahrer wärmen sich mit Rentier-Bouillon am Kaminfeuer auf. Vor dem Fenster liegt tief verschneit der Fluss, bald werden sich grünliche Polarlichter zeigen. Der Mond steht längst am Himmel.

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177.000 Menschen leben im finnischen Teil Lapplands. Wie im schwedischen und norwegischen Teil dieser Region entspricht das etwa zwei Bewohnern pro Quadratkilometer. „Aber jeder hat einen Freund“, erklärt die Fremdenführerin. Oder mehrere – denn hier sind noch sehr viel mehr Rentiere zu Hause. Schwedisch Lappland ist Heimat von 326.000 Menschen, doch mancherorts leben mehr Huskys als Zweibeiner. Im norwegischen Teil leben die meisten Menschen in kleinen Küstenstädten, das Binnenland ist fast unbesiedelt. Großstädte sind unbekannt, dafür gibt es Wälder, Weite und ab Oktober Schnee. Von Mitte November bis Anfang Januar schafft die Sonne es sechs Wochen lang nicht über den Horizont. Taucht sie dann erstmals wieder auf, bleibt sie jeden Tag zehn Minuten länger.

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50 Wörter kennen die Samen, Lapplands Ureinwohner, für das Rentier, mit dem ihr Leben eng verbunden ist, und 300 für Schnee. Tatsächlich ist Rentierhaltung eine komplexe Sache: Drei Winter lang muss ein „Rentiermann“ (die samische Berufs­bezeichnung) um das Vertrauen eines Tiers werben, bis es bereit ist, Urlauber im Schlitten zu ziehen – ein deutlich ruhigeres Erlebnis als mit Huskys. Auf Farmen können Urlauber wollige Ren­tiere, die für diesen Zweck ins Gehege getrieben wurden, mit Baumflechten füttern und sie mit der anderen Hand streicheln. Dicht und weich ist ihr Fell.

Mit Licht durch die Polarnacht

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In erster Linie werden die Tiere, einst wichtigstes Transportmittel in Lappland, heute ihres Fleischs wegen gezüchtet. Das ist eine Delikatesse, sehr teuer und wird nur zu besonderen Anlässen zubereitet. Die Züchter kennzeichnen ihre Tiere an den Ohren und entlassen sie dann in die Freiheit. Über 3000 Rentiere werden jedes Jahr überfahren – mehr, als Luchsen, Füchsen, Wölfen, Vielfraßen, Bären und Adlern zum Opfer fallen. Auch kommt es vor, dass „Hirvas“, die männlichen Tiere, sich bei den Rangeleien der Brunftzeit mit ihren verzweigten Geweihen unauflöslich ineinander verhaken.

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Der Dunkelheit des Winters setzt man hier Licht ent­gegen: Aus jedem Fenster leuchtet es warm in die Finsternis. Auf Tischen und Fensterbänken brennen Kerzen, jedes Zimmer wird von vielen kleinen Lampen ­beleuchtet; so subtil, dass man sich im Hotel tief übers Buffet beugen muss, um eingelegten Hering von Süß­speisen zu unterscheiden. Die wenigen Häuser scheinen matt in die Polarnacht. Wenn der Schnee knirscht und die Luft zum Atmen fast zu kalt ist, sehen sie so heimelig aus, dass die Vorstellung wochenlanger Dunkelheit ihren Schrecken verliert – und nur Romantik bleibt.

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Winter 2024/25.

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