Diese Hotels entführen Gäste auf eine Reise durch die Zeit
Markisen mit Streifenmuster, holzgetäfelte Wände oder Telefone mit Wählscheibe: Der Retro-Look ist wieder angesagt. Immer mehr neu eröffnete oder renovierte Hotels machen vergangene Epochen für Gäste erlebbar. Diese sechs Häuser setzen das Thema auf ihre ganz eigene Art um und laden auf eine Zeitreise ein.
7. Januar 2025
1920er-30er: Art Déco
Seit den 1930ern ist das „Carlyle“ ein Wahrzeichen von Manhattans mondäner Upper East Side und zählt Könige, Staatsoberhäupter und Hollywood-Größen zu seinen Gästen. John F. Kennedy beispielsweise übernachtete so oft im „Carlyle“, dass man es „das Weiße Haus von New York“ nannte; Mitte der 1990er-Jahre soll der Hoteldirektor eine Aufzugfahrt mit Prinzessin Diana, Michael Jackson und Steve Jobs erlebt haben. Das 35-stöckige Hotel im Art-déco-Stil ist seit Anfang dieses Jahrhunderts im Besitz der in Hongkong ansässigen Rosewood-Gruppe – und stilvoller als je zuvor: Denn mehr als neun Jahrzehnte nach seiner Eröffnung hat das Haus seine mit Spannung erwartete dreijährige Renovierung enthüllt, umgesetzt vom preisgekrönten Designer Tony Chi. Die Gästezimmer sind von der glamourösen Vorkriegszeit Manhattans inspiriert und weisen dezente Art-déco-Details auf; eine Anspielung auf die ursprüngliche Gestalterin des „Carlyle“ und Erfinderin des modernen Barockstils, Dorothy Draper. Auch das „Bemelmans“, die berühmteste Hotelbar der Stadt, schenkt wieder mit jedem Cocktail auch einen Schuss des Glamours längst vergangener Tage aus.
1940er: Klassische Moderne
© Julius Hirtzberger
Für das US-amerikanische Magazin „Esquire“ steht es bereits fest: Das „Lafayette“ ist das Hotel des Jahres 2024 – und „vielleicht der beste Grund, nach San Diego zu reisen“. Doch der Reihe nach: Das Haus öffnete bereits im Juli 1946 seine Pforten, als ersten Gast begrüßte man Komiker Bob Hope. Den Hotelpool entwarf Johnny Weissmüller, Olympiasieger im Schwimmen und legendärer Tarzan-Darsteller. 1986 sang Tom Cruise im Film „Top Gun“ das Lied „You’ve Lost That Lovin’ Feelin’“ von den Righteous Brothers – als Drehort dafür diente die Bar des Hotels. Danach wurde es still um das Haus; zuletzt war sogar von Abriss die Rede. Nach einer neunmonatigen und 31 Millionen Dollar teuren Renovierung erstrahlt das „Lafayette“ jetzt aber wieder im Glanz von einst. Das maximalistische Design, das von der Post Company entworfen wurde, erinnert an die Blütezeit des Hotels in den 1940er-Jahren. Und tatsächlich fühlt man sich hier weniger als Hotelgast, sondern wie ein Filmstar; jederzeit bereit, an der Bar ein Ständchen zu singen.
1950er: Mid-Century-Design
© Matt Kisiday
Das „Hoxton Vienna“ hat erst seit ein paar Monaten geöffnet, doch der Gast fühlt sich sofort in eine andere Zeit versetzt, konkret in das Wien der 1950er. In diesem Jahrzehnt wurde das Gebäude im Zuge des Wiederaufbaus der Stadt vom Architekten Carl Appel konzipiert; es diente der Kammer der gewerblichen Wirtschaft lange Zeit als „Gewerbehaus“. Der Umbau zum Hotel folgte dem Stil des denkmalgeschützten Baus mit seiner Fassade aus Naturstein: Im Innenbereich wurde die Ästhetik der 1950er-Jahre aufgegriffen und mit Elementen der Wiener Werkstätten ergänzt. Die Atmosphäre von Großzügigkeit und Offenheit wird mit der Beleuchtung der großen Freitreppe verstärkt. Zu den Features gehören ein Club im Souterrain, ein Auditorium im Erdgeschoss und eine Rooftop-Bar samt Restaurant. Diese beherbergt auch den größten Outdoor-Hotelpool der Stadt. Dass die Betreiber vieles richtig gemacht haben, beweist die Tatsache, dass das „Hoxton“ die Nachbarschaft integriert und einen neuen Hotspot für Locals und Gäste geschaffen hat.
1960er: The Space Age
Wer auf das Design und Lebensgefühl der 1960er-Jahre fliegt, landet am besten am New Yorker JFK-Flughafen – genauer gesagt im „TWA Hotel“. Dieser Sixties-Traum in Weiß und Chili-Rot ging kürzlich aus dem ehemaligen TWA-Terminal hervor, einer Ikone der modernen Architektur, entworfen 1962 von Eero Saarinen. Die Fluglinie TWA, die sich als Airline der Schönen und Reichen sah, wollte damit Standards setzen, und tatsächlich war ihr Trans Flight Center ein Wahrzeichen des Glamours des Jet-Zeitalters (nach der Pleite im Jahr 2001 aber auch seines Niedergangs). Für 265 Millionen Dollar wurde der Terminal rekonstruiert, restauriert und renoviert – man kann sogar wieder an den alten Schaltern einchecken, jetzt eben als Hotelgast. Die mit rotem Teppich ausgelegte Tunnelröhre führte einst zu den Gates, nun zum Infinitypool auf der Dachterrasse und zu den Hotelzimmern, in denen 60er-Klassiker wie Saarinens berühmter „Womb Chair“ nicht fehlen dürfen. Dass die Nacht wie im Flug vergeht, gewährleisten siebenfach verglaste, schalldichte Fenster. Das „TWA Hotel“ ist das einzige Hotel am Flughafen JFK, das fußläufig oder mit dem Airtrain erreichbar ist.
1970er: Individualistischer Postmodernismus
© Steve Herud
Die Hotelkette Max Brown feiert ihr zehnjähriges Jubiläum und zelebriert ihre Dekade nicht mit Torte und Geschenken, sondern auf ihre ganz eigene Weise: mit der Eröffnung eines neuen Hauses. Nach Amsterdam, Berlin, Düsseldorf und Wien findet sich ab jetzt auch ein Max-Brown-Hotel in der Modemetropole Mailand. Das neue Haus hat sich ganz den 70er-Jahren verschrieben – um das Gefühl der Authentizität zu bewahren, verwendete Innenarchitekt Saar Zafrir einen Großteil der Originalmöbel des Vorgängerhotels wieder. Die Integration des „Togo“-Sofas, einer ikonischen Kreation von Michel Ducaroy aus dem Jahr 1973, neben einem Vintage-Billardtisch ist ein perfektes Beispiel hierfür. Auch die Bar, die Rezeption, die vergoldeten Lampen in der Lobby oder auch Holzstühle und Nachttische wurden sorgfältig renoviert bzw. erhalten und tragen zur authentischen Atmosphäre des Hotels bei. Das „Max Brown Missori“ ist somit weit mehr als nur eine Unterkunft – es ist eine Zeitreise in die 70er-Jahre, die nostalgische Gefühle weckt.
1980er: Memphis Design
Das „Mondrian Hotel“ am Sunset Boulevard gibt es in der einen oder anderen Form seit 1959, als das Gebäude zunächst als Apartmentkomplex eröffnet und 1985 in ein Hotel umgewandelt wurde. Von da an zog es Stars wie Keith Richards, die Beastie Boys oder Billy Idol an, die praktisch in der Hotelbar lebten – es war ein Ort, an dem sich Musik-legenden trafen, um die Nächte durchzufeiern. Das Hotel hat heute noch Star-Charakter, auch wenn es inzwischen mehrmals umgestaltet wurde. Das Ergebnis ist ein Design-Twist aus Eighties und „Alice im Wunderland“ – mit den charakteristischen neun Meter hohen Mahagonitüren des Gebäudes, dem pilzförmigen Empfangstresen oder Kronleuchtern, die wie Hasenohren aussehen. Die Hauptattraktion des Hotels ist aber der sonnendurchflutete Pool am Dach mit Unterwassermusik und einem unvergleichlichen Blick auf die Stadt. Nachts verwandelt sich die Rooftop-Terrasse in die „Skybar“, einen Hotspot in L. A. für pulsierende DJ-Sets und rauschende Partys. Das Hotel, das in den 80er-Jahren viele Rockstars anzog, ist heute ein moderner Klassiker, der den Geist und die Energie dieser ikonischen Ära bewahrt.
Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Herbst 2024.