Charles Schumanns Tokio
Die Gastro-Legende über den hervorragenden Service in Japan und besondere Geheimtipps in der pulsierenden Metropole.
19. Februar 2020
Omotenashi sagt Charles Schumann, angesprochen darauf, was der Unterschied sei zwischen der Gastfreundschaft in Japan und Europa. Omotenashi ist ein schwierig ins Deutsche zu übersetzendes Wort, das am ehesten für herzhafte Gastfreundschaft steht. Omotenashi ist eine Einstellung, die in Japan seit Jahrtausenden Teil der Teezeremonie ist und heute den unübertrefflichen Service in Japan auszeichnet.
Beruflich und privat reist Charles Schumann immer wieder nach Tokyo. Die 14-Millionen-Metropole inspiriert ihn. Richtig bewusst wird ihm dies oft erst wieder zu Hause: „Wenn ich wieder zurückkomme, merke ich, wie wunderbar es in Japan war. Dann vermisse ich das Land schon wieder.“ Seit zweieinhalb Jahren lernt Charles Schumann Japanisch, aber: „Ich tue mich schwer mit der Sprache.“ Schumann sagt, er müsste in Japan leben, um größere Fortschritte zu machen. Noch hat er dafür keine Zeit.
Selbstverständlich besucht der Grandseigneur der Barwelt beim Streifzug durch Tokyo die Berufskollegen. Schumann geht dorthin, wo er die Barkeeper kennt. Viele Bars liegen im Edelshoppingquartier Ginza, das am Abend zum Mekka für Cocktailenthusiasten wird. Über 350 Bars gibt es in Ginza, versteckt in unübersichtlichen Bürogebäuden. Sie bieten oft nur wenige Sitzmöglichkeiten, dennoch sind sie klassisch elegant eingerichtet, dunkel und oft wird geraucht. Die Qualität ist außerordentlich hoch, die meisten Bars konzentrieren sich auf die klassischen Cocktails. Meistens sitzt man direkt an den Tresen. Der Teezeremonie nicht unähnlich, ist der direkte Kontakt zwischen dem Master – in diesem Falle dem Barkeeper – und dem Gast essenziell. Viele Barkeeper sind seit Jahrzehnten am Werk und kennen, wie Schumann, kein Pensionsalter.
Fragen an Charles Schumann
Herr Schumann, wo übernachten Sie in Tokyo?
In Japan habe ich immer meine Trampelpfade. In Tokyo ist es das Grand Hyatt Roppongi.
Wo gehen Sie Essen in Tokyo?
Da gibt es natürlich die wahnsinnigen Restaurants, wo man nie einen Platz kriegt. Das muss man wirklich steuern und im Voraus planen. Die Sternerestaurants in Tokyo haben ja nur etwa 10 bis 15 Plätze. Ich gehe dort aber nicht hin. Ich esse in Japan in italienischen Restaurants – dort gibt es bessere Pizzen und besseren Kaffee als in Italien.
Wie kommt das?
Für einen Japaner, der die westliche Küche erlernen will, gibt es zwei Orte im Speziellen: Frankreich für die französische Küche und Italien für die italienische. Japaner, die nach einem Aufenthalt im Ausland nach Japan zurückkehren, treiben die Herstellung mit den besten Produkten auf ein Spitzen-Niveau. Dies ist keine Seltenheit in Tokyo.
Wieso reisen Sie immer wieder nach Japan?
So enthusiastisch bin ich nicht, ich kenne viele, die mehr Enthusiasmus für Japan haben. Mir sagen die Lebenseinstellung und der Respekt der Japaner aber sehr zu. Tokyo finde ich sehr inspirierend. Auch wenn ich zum Beispiel nach Kyoto fahre, vermisse ich Tokyo schon bald wieder.
Allerdings muss ich sagen, der einzige Wermutstropfen für den Japanreisenden ist die Sprache. Leider ist das Englischniveau immer noch recht tief. Deshalb müssen Sie sich die Adressen immer auch auf Japanisch geben lassen, viele Taxifahrer können nur japanische Adressen lessen/können nur japanisch lesen.
Was meinen Sie, unterscheidet die Gastfreundschaft in Japan und Europa?
Der Service ist unübertroffen. Zum Beispiel gibt es nirgends so professionelle Taxifahrer. Ich merke den Unterschied vor allem dann, wenn ich wieder zu Hause bin.
Der Respekt ist wichtig in Japan. Die richtige Distanz zum Kunden oder Gast an der Bar, die finden die Japaner. Hier in Deutschland ist der Barkeeper viel zu nahe am Gast.
Wie wählen Sie Ihre Hotels für eine Reise?
In Berlin gehe ich ins Rocco Forte Hotel de Rome. Wenn ich nach Paris fahre, gehe ich in irgendein billiges Hotel, weil die Hotelpreise so unverschämt hoch geworden sind. Wenn ich einen Strandurlaub mache, wähle ich ein Hotel, das ganz in der Nähe vom Strand liegt, weil ich nicht mit dem Auto fahren will.
DIESE HOTELS EMPFIEHLT CHARLES SCHUMANN IN TOKIO:
Aman Tokyo
Andaz Tokyo Toranomon Hills
Hoshinoya Tokyo
JAPAN HAUTNAH ERLEBEN
Wer dieses Hotel im Finanzdistrikt betritt, bemerkt beim obligatorischen Ausziehen der Schuhe: Das ist kein übliches Luxushotel – sondern eher ein Ryokan, ein traditionelles japanisches Gasthaus, das im modernen Tokyo angekommen ist. Widersprüche zwischen alt und neu gibt es aber keine, die Mischung aus hervorragender Gastfreundschaft, Omotenachi, modernem Design und natürlichen japanischen Materialien verzaubert von Anfang an. Jeder Stock verfügt über sechs Hotelzimmer und hat eine eigene Tee-Lounge – eine äußerst exklusive Erfahrung. Genauso wie die Nippon-Cuisine im Erdgeschoß, für die Küchenchef Noriyuki Hamada regionale Zutaten mit Elementen der feinen französischen Küche kombiniert. Das Onsen befindet sich hier auf dem Dach - seine Wasserquelle 1.500 Meter unterhalb von Tokyo.
DZ ab € 690 / Nacht | hoshinoya.com
Park Hyatt Tokyo
FILMREIFES LUXUSHOTEL
Dieses Hotel überwältigt einen spätestens, wenn sich die Lift-Türe im 41. Stock öffnet und den Blick über die szenische Peak Lounge freigibt. Das Design des Hotels von John Morford ist ein Lehrstück zeitloser Eleganz. Der Zimmerschlüssel ist mit einem eleganten Silberring geschmückt, jedes Buch mit Bedacht ausgesucht und jede Lampe trägt zu dem stimmungsvollen Lichtkonzept bei. Zusammen mit dem hervorragenden Service ist das Park Hyatt Tokyo zum Aushängeschild der Hyatt-Gruppe geworden. Hollywoodstars und CEOs schwimmen im lichtdurchfluteten Pool, Tokyos High Society trainiert im Fitnessclub. Danach trifft man sich entweder im modernen japanischen Restaurant Kozue oder im legendären New York Grill. Dort, im 52. Stock, verschmelzen die funkelnden Lichter von Tokyo mit dem Sternenhimmel.
DZ ab € 475 / Nacht | hyatt.com
Mandarin Oriental Tokyo
CHARLES SCHUMANNS TIPPS FÜR TOKIO:
01. Star Bar, Ginza
Die Cocktail-Institution in Ginza. Barkeeper Hisahshi Kishi ist ein gekrönter Meister der klassischen Cocktails. http://www.starbar.jp/star-bar-ginza/
02. Trench Bar, Ebisu
Fin de Sàcle, ein bisschen Frankreich und viel Absinth - eine junge und westlich orientierte Vorzeigebar. http://small-axe.net/bar-trench/
03. Bar Benfiddich, Shinjuku
Das Bar-Konzept „fram-to-bar“ ist einflussreich in Japan. Westlich orientierte Drinks. https://de-de.facebook.com/BarBenfiddich
04. Bar Orchard, Ginza
Ein Früchtekorb ersetzt die Karte und inspiriert zu genialen experimentellen Drinks. https://www.facebook.com/barorchardginza/
05. Ginza 6, Ginza
Neues Luxus-Kaufhaus der Superlative. Wie in allen Kaufhäusern lohnt sich ein Besuch in der Essensabteilung im Untergeschoß. https://ginza6.tokyo.e.abf.hp.transer.com/
UNSERE HIGHLIGHTS - 3 REDAKTIONSEMPFEHLUNGEN:
01. Blue Bottle Coffee
Mit 13 schönen Filialen ist das amerikanische Kaffeehaus nicht nur ein guter Ort für Kaffee, sondern auch für ein Frühstück. https://bluebottlecoffee.com/cafes#tokyo
02. Pizza Studio Tamaki (PST), Higashi-Azabou
Tsubasa Tamaki war selbst zwar nie in Italien, aber er ist der Anwärter auf die beste Pizza in Tokyo. http://pst-tk2-ad.com/
03. Camelback Sandwich & Espresso, Tomigaya
Neben famosen Sandwiches gibt es hier den cremigsten Espresso. https://camelback.tokyo/
Picture credits: Charles Schumann; Unsplash (Andre Benz, Derch, Banter Snaps); Aman Tokyo; Andaz Tokyo Toranomon Hills; Nacasa & Partner Inc.; Hoshinoya Tokyo; Park Hyatt Tokyo