Flusskreuzfahrten
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Flusskreuzfahrten: Luxus im Fluss

Während links und rechts die Landschaft vorbeigleitet, stellt sich innerer Frieden fast von selbst ein: Flusskreuzfahrten sind die Wiederentdeckung der Gemächlichkeit.

23. August 2024


Die 1921 erbaute „SS Sudan“ ist das älteste und bekannteste Passagierschiff auf dem Nil. © Jerome Galland

Schon vor mehr als 8000 Jahren war der Mensch am Wasser unterwegs – das belegt ein 1955 gefundener Einbaum, dessen Herstellung man auf rund 6300 Jahre vor Christus datierte. Dem Vergnügen dienten diese Ausflüge wahrscheinlich nicht. Sie hatten wohl vielmehr den Zweck, Nahrung zu beschaffen. Im Lauf der Jahrhunderte verbesserte sich der Bootsbau. Wassergefährte wurden leichter und auch größer, es folgten wichtige Erfindungen wie Rudertechniken und Segel. Hieroglyphen weisen darauf hin, dass die Ägypter bereits ab 3000 v. Chr. längere Schiffsreisen auf dem Meer unternahmen.

Das „SS Sudan“ diente als Drehort für die Filmadaption von Agatha Christies „Tod auf dem Nil“. © Jerome Galland

Es folgten die Handelsschiffe der Phönizier, die Kriegsschiffe der Römer, Griechen und Wikinger und mit ihnen eine rasante Weiterentwicklung der Technik. Bis man Schifffahrten jedoch zum reinen Vergnügen unternahm, sollte es noch dauern. Nämlich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als Thomas Cook die erste Pauschalreise erfand. Sein Sinn für die Bedürfnisse von Reisenden führte dazu, dass 1874 bereits 17 Nilkreuzfahrtschiffe in seinem Namen auf dem längsten Fluss der Welt verkehrten. Cook sorgte dafür, dass auch die touristische Infrastruktur rundherum ausgebaut wurde. So erfand er ganz nebenbei auch noch das Konzept des geführten Landgangs.

Während einer Nilkreuzfahrt sind Aus-flüge zum Amun-Tempel in Luxor und zum Tempel von Karnak ein Muss. ©  Getty Images

Seine Passagiere – überwiegend betuchte Briten – konnten sich im Rahmen organisierter Touren bereits Assuan und Luxor ansehen. In der Zwischenkriegszeit, nicht zuletzt angetrieben durch spektakuläre Funde im Tal der Könige, entstand eine Art „Ägypten-Boom“. Neben Abenteurern, Archäologen, aber auch Schatzsuchern und sogar Grabräubern waren unter den Reisenden viele Kunstschaffende.

Die Route der Belmond-Barke „Fleur de Lys“ führt von Dijon nach Saint-Léger-sur-Dheune im Burgund. © beigestellt

Zu Letzteren gehörte auch Agatha Christie, die während ihrer Reise im Jahr 1936 den Erfolgsroman „Tod auf dem Nil“ schrieb und der luxu­riösen Flusskreuzfahrt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts damit auch ein literarisches Denkmal setzte. Der Charme einer Nilkreuzfahrt bis heute ungebrochen – vor allem, weil über vielen Schiffen und Hotels der Zauber vergangener Tage liegt. Doch natürlich ist der Nil nicht der einzige Fluss, den man bequem per Schiff bereisen kann. Besonders beliebt sind beispielsweise auch Touren entlang europäischer Flüsse, etwa in Frankreich.

Die Belmond-Flotte umfasst aktuell sieben Schiffe, die in Frankreich ver kehren. Oben: die Kabine der „Lila“. ©  Richard James Taylor

Unter ihnen gilt als Besonderheit – und Geheimtipp für anspruchsvolle Reisende – eine Flusskreuzfahrt auf der „Fleur de Lys“. Die Barke gehört zur Luxusmarke Belmond und wird ihr in jeder Hinsicht gerecht: Sie bietet drei überaus großzügige Kabinen, allesamt ausgestattet mit einem eigenen Badezimmer, großen Panorama­fenstern, himmlischen Betten, bestickten Stoffen aus Indien und modernen Annehmlichkeiten. Für gesellige Stunden trifft man sich im großen Wohnzimmer. Oder genießt entspannte Stunden am beheizten Outdoorpool, während die wundervolle Landschaft des Burgund langsam an einem vorbeizieht.

© Getty Images

Die „Fleur de Lys“ ist nur eines der insgesamt sieben luxuriösen Schiffe, die zur Belmond-Flotte gehören. Fünf der Barken stehen ausschließlich für privaten Charter zur Verfügung. So reist man mit einem Maximum an Privatsphäre, Luxus und Aufmerksamkeit, unter anderem durch einen eigenen Private Chef. 

Der blinde Visionär

Erbaut von Großmogul Shah Jahan ist das „Rote Fort“ aus dem 17. Jahr­hundert ein Must­visit in Delhi. © beigestellt

Als „Lebensader Südostasiens“ gilt der Mekong. Seine wirtschaftliche Bedeutung als Handelsweg, zur Stromgewinnung, für den Fischfang und die Landwirtschaft ist enorm. Doch auch in touristischer Hinsicht findet der über 4000 Kilometer lange Fluss immer mehr Beachtung. Als Pionier im luxuriösen Flusskreuzfahrtsegment in der Region gilt Heritage Line. Bereits 2009 schickte das Unternehmen des Vietnamesen John Tue Nguyen sein erstes Schiff, die „Jayavarman“, auf den Mekong. Es war das erste Luxuskreuzfahrtschiff, das im unteren Mekong-Delta zwischen Saigon in Vietnam und Siem Reap in Kambodscha verkehrte. Zwei Jahre später kam „The Jahan“ zur Flotte; es folgten weitere Schiffe und Destinationen. Darunter Flusskreuzfahrten auf dem Irrawaddy in Myanmar und 2023 die Jungfernfahrt des Boutique-Schiffs „Anouvong“, das Thailand und Laos bereist. Mit nur acht Kabinen und zwei Suiten ist die „Anouvong“ besonders exklusiv. Die wenigen Gäste dürfen sich auf außergewöhnlichen Service, hervorragende Kulinarik und ein Kaleidoskop an Abenteuern freuen.

Die vorne am Oberdeck positionierten Suite von The Jahan sind 51 Quadratmeter groß. © beigestellt

Trotzdem ist der wahre Star der Reederei auch Jahre nach seiner Indienststellung im Oktober 2011 „The Jahan“. Das elegante Schiff mit seiner ikonischen rot-weißen Außenhülle beherbergt große Kabinen, die mit französischen Balkonen und aufwendiger Ausstattung punkten. Jacuzzi, Gentlemen’s Club, feinste Küche und spannende Routen zwischen Vietnam und Kambodscha erwarten die Passagiere. Es ist beachtlich, mit welch visionärer Kraft Nguyen sein Business aus dem Nichts erschuf. Denn während der beiden Jahre vor der Gründung seines High-End-Reiseunternehmens (das erste dieser Art überhaupt in ganz Vietnam) war er vollständig erblindet. Der erst 29-Jährige gab aber nicht auf, sodass sein Portfolio heute neben Luxusflusskreuzfahrtschiffen auch High-End-Restaurants und Kunstgalerien umfasst. Weltweit arbeiten rund 600 Menschen für ihn.

Die "Ganges Voyager II" verkehrt zwischen Neu-Delhi, Kolkata und Mumbai. © beigestellt

So unterschiedlich die einzelnen Kreuzfahrtunternehmen und Destinationen auch sind, ist ihnen eines gemeinsam: Bereits seit dem Beginn der Flusskreuzfahrt hat diese Art des Reisens nichts an Faszination verloren. Einerseits hat das mit der entspannten Art der Fortbewegung zu tun – da das Ufer immer im Blick ist, spürt man die Gemächlichkeit. Die Umgebung gleitet an einem vorbei, das Leben entschleunigt sich automatisch. Dazu kommt das nostalgische Flair, das irgendwie immer mit an Bord ist: Fast erwartet man, an Deck Her­cule Poirot im feinen Anzug, eine Pfeife rauchend und über einem Problem grübelnd, zu begegnen. Gleichzeitig war und ist die Flusskreuzfahrt immer am Puls der Zeit, denn moderne Annehmlichkeiten verstecken sich auch in den historisch anmutenden Schiffen.

© Daniel Bernard

Auch die viel intimere Atmosphäre, die Möglichkeit des Exklusiv-Charters ganzer Schiffe und die kürzeren Reiserouten sind ideale Argumente für anspruchsvolle Reisende. Und ein letztes kleines Detail, aber für manch geplagte Seele sehr wichtig: In der Regel wird man auf einem Fluss auch nicht seekrank. 

Dieser Artikel erschien in der Falstaff TRAVEL Ausgabe Sommer 2024.

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